Tim Baumgartl im Hintergrund Foto: dpa - dpa

Von Sigor Paesler

Stuttgart – Jung, erfolgreich, alles Stuttgarter Kerle – so sieht vermutlich der Traumkader vieler Fans des VfB Stuttgart aus. Erreichbar wird eine Kombination aus diesen drei Elementen wohl nie sein, solange der VfB in der Bundesliga spielen will. Und vielleicht irgendwann auch wieder international.

Die Schwaben werden auch in Zukunft mit vielen Nicht-Schwaben antreten. Aber der Kader ist jung, wie man auch am Freitag (20.30 Uhr) im Heimspiel gegen Bayer Leverkusen wieder wird beobachten können. Und er wird vermutlich noch jünger werden. Vielleicht auch erfolgreicher. Der VfB arbeitet an der Mannschaft der Zukunft. Die zumindest auch einen gewissen Stuttgarter Anteil haben soll. Die jüngsten langfristigen Vertragsverlängerungen mit Timo Baumgartl und Berkay Özcan sind dafür ein starkes Zeichen.

Es ist schwierig, die Grenze zu ziehen, ab wann ein Fußballer als Eigengewächs bezeichnet werden kann. Christian Gentner, Andreas Beck, Baumgartl und Özcan – in Karlsruhe geboren, aber seit der U 17 beim VfB – dürfen dazugerechnet werden. Zwei Routiniers, zwei schon erfahrene Youngster, das passt. Özcan hat sich bis zum Sommer 2021 an die Stuttgarter gebunden, Baumgartl bis 2022. Beide Kontrakte besitzen keine Ausstiegsklausel. Baumgartl hätte schon nach dem Abstieg 2016 etwa Timo Werner folgen und bei einem anderen Club weiter in der Bundesliga spielen können. Aber der Innenverteidiger ging mit den Stuttgartern in die 2. Bundesliga und kehrte ein Jahr später mit ihnen ins Oberhaus zurück.

„Nochmal einen Schritt gemacht“

Namen von potenziell interessierten Clubs tauchten immer wieder auf. Nun könnte der 21-Jährige beim VfB sogar mittelfristig in die Fußstapfen von Kapitän Genter treten. „Timo hat nochmal einen Schritt gemacht bei der Stabilität, bei der Ernsthaftigkeit im Training. Er ist auf einem richtig guten Weg“, sagte Trainer Hannes Wolf. Dass ihm zu Saisonbeginn Holger Bad-stuber in der Defensivzentrale an die Seite gestellt wurde, tat Baumgartl eher gut. Vor der Saison noch sah es so aus, als müsse der U-21-Nationalspieler den Abwehrchef geben. Nun kann er sich mit etwas weniger Verantwortung und Druck neben dem Routinier weiter entwickeln. „Ich fühle mich schon noch jung, aber wir haben auch einige Jüngere im Team. Denen will ich jetzt genauso Tipps geben, wie es damals zum Beispiel Antonio Rüdiger bei mir gemacht hat“, sagte Baumgartl der „Bild“-Zeitung.

Özcan ist 19 und damit zwei Jahre jünger als Baumgartl. Nachdem der Mittelfeldspieler lange zwischen Tribüne und Kader gependelt war, ist er nun das beste Beispiel dafür, dass bei Trainer Wolf kein Spieler abgeschrieben ist. In den ersten neun Saisonspielen kam Özcan nur auf 18 Einsatzminuten, in den vergangenen fünf Begegnungen stand er in der Startelf. Und überzeugte, was mit der Vertragsverlängerung belohnt wurde.

Die Arbeit geht Stuttgarts Sportvorstand Michael Reschke nicht aus. Er muss aktuell den Transfer des 18-jährigen Stürmers Maximiliano Romero vom argentinischen Erstligisten Velez Sarsfield abschließen. Angeblich zehn Millionen Euro will er dafür investieren. Bei Romeros Landsmann Santiago Ascacibar, der seit seinem Wechsel im Sommer nach Stuttgart für Aufsehen sorgt, kann sich Reschke zurücklehnen. Er hat den Mittelfeldabräumer mit einem Vertrag bis 2022 ausgestattet, womit er und Baumgartl die VfB-Profis mit der längsten Vertragslaufzeit sind. Chadrac Akolo, Anastasios Donis und Orel Mangala besitzen Kontrakte bis 2021. Verteidiger Benjamin Pavard steht zwar zumindest bis 2020 beim VfB unter Vertrag. Das Interesse an dem französischen Jung-Nationalspieler ist jedoch so groß, dass Reschke wohl in Verhandlungen über eine vorzeitige Verlängerung treten wird. Bei den weiteren Talenten Josip Brekalo, Carlos Mané und Takuma Asano ist ein bisschen mehr Eile gefragt, sie haben beim VfB – wie Badstuber, Matthias Zimmermann und Emiliano Insua – bis zum kommenden Sommer 2018 unterschrieben.

Das mit den Eigengewächsen, hat Reschke erkannt, ist übrigens nicht so einfach. Den Sprung von der zweiten VfB-Mannschaft wird so schnell keiner schaffen, er ist einfach zu groß. Deshalb denkt der Manager darüber nach, das Regionalligateam abzumelden, wie er es früher auch schon in Leverkusen gemacht hat. Und was nicht allen rund um den VfB gefällt.

So oder so. Jung, erfolgreich und zumindest ein paar Stuttgarter Kerle, das könnte der Weg des VfB sein.