Keine Angst: VfB-Kapitän Christian Gentner scheut kein Kopfballduell. Foto: dpa - dpa

Von Sigor Paesler

Stuttgart – Nach dem Schlusspfiff rannte Hannes Wolf aufs Spielfeld. Für den Trainer des VfB Stuttgart war es ein ganz besonderes Spiel gegen seinen langjährigen Club Borussia Dortmund. Es war ein besonderer Sieg. Das Ziel seines Sprints war aber weder einer der beiden VfB-Torschützen, noch einer seiner früheren Schützlinge. „Ich wollte zu Christian.“

Es war eine außergewöhnliche Geschichte. Genau 62 Tage, nachdem sich Christian Gentner im Spiel gegen den VfL Wolfsburg bei einem Zusammenprall mit VfL-Torhüter Koen Casteels eine schwere Gesichtsverletzung mit mehreren Brüchen zugezogen hatte, bei der im ersten Augenblick Schlimmstes zu befürchten war, stand Stuttgarts Kapitän wieder auf dem Platz. Und wäre da nicht die auffällige schwarze Gesichtsmaske aus Carbon gewesen – es schien, als wäre nichts gewesen. Beim ersten Kopfballduell hielt vermutlich der eine oder andere im Stadion den Atem an. Gentner stieg hoch und machte auch sonst seine Arbeit. Er räumte im defensiven Mittelfeld die Bälle ab und führte Regie in der Vorwärtsbewegung. Er war der Chef im Ring. Wie immer. Eine starke Leistung.

Keine Angst

Eine starke Leistung auch, weil Gentner ganz offensichtlich keinerlei Angst verspürte. Erklären konnte er das selbst nicht so genau. So ist er eben. Die Ärzte haben gesagt, es könne nichts passieren. Das reichte ihm. „Ich habe mich sicher gefühlt“, erzählte er gewohnt ruhig und sachlich. Die Maske habe ihn überhaupt nicht beeinträchtigt. Gut so, denn er wird sie noch lange tragen. Gentner signalisierte dem Trainer, dass er für einen Einsatz bereit ist und aufgrund der Trainingsleistungen sprach auch nicht das Geringste dagegen. Also stand er gegen Dortmund gleich wieder in der Startelf. „Wenn ich sage, dass ich spielen kann, dann muss es hundertprozentig so sein. Alles andere wäre der Mannschaft gegenüber nicht gerecht“, erklärte er. Und er enttäuschte nicht.

Kollegen und Verantwortliche waren Gentner gegenüber freilich voll des Lobs und des Respekts. „Es hat uns sehr gefehlt“, sagte Wolf. „Man hat schon im Training sofort gesehen, wie wichtig er mit seiner Persönlichkeit ist, aber ganz schnell auch mit seiner Qualität.“ Und: „Dass er so gespielt hat, davor kann ich nur den Hut ziehen.“ Auch Stuttgarts Sportvorstand Michael Reschke machte Gentner „ein riesen Kompliment, er hat eine enorme Willensstärke“.

Christian Gentner steht wieder auf dem Platz. Eine außergewöhnliche Geschichte.