Klaus Harter, Redakteur Eßlinger Zeitung Foto: Rudel Quelle: Unbekannt

Stuttgart (red)- Die Freude über den Wiedereinzug des VfB Stuttgart ins Oberhaus war riesengroß, auch bei Redakteuren der Eßlinger sowie der Cannstatter und Untertürkheimer Zeitung. Nun blicken sie gespannt auf den ersten Spieltag und drücken die Daumen für einen erfolgreichen Auftakt.

Spannende Saison

Die Nervosität steigt, je näher der erste Bundesliga-Spieltag rückt. Der VfB Stuttgart ist wieder dort, wo der Traditionsklub hingehört. Doch damit beginnen die Unwägbarkeiten. Eines scheint mir sicher: Solch ein Märchen, wie beim ersten Wiederaufstieg vor 40 Jahren, wird es nicht mehr geben. Hansi Müller, die Förster-Brüder, Ottmar Hitzfeld und Co. landeten unter Trainer Sundermann am Ende der Saison sensationell auf Platz 4. Die Mannschaft von heute ist auch jung und wild. Der ehemalige Sportdirektor Jan Schindelmeiser und Trainer Hannes Wolf haben ein Team mit Perspektive zusammengestellt. Langerak oder Zieler im Tor, davor Baumgartl und Badstuber als Stützen in der Abwehr, der erfahrene Gentner im Mittelfeld und Terrode und Ginczek in der Spitze bilden das Gerüst der Erfahrenen, gepaart mit kreativen Supertalenten und dem Willen, die Bundesliga mit einer attraktiven Spielweise aufzumischen. Ob‘s für einen sicheren Mittelfeldplatz reicht? Wichtig ist ein guter Start in die Saison, wenig Verletzungspech und Ruhe im Verein. Der VfB war immer dann stark, wenn Mannschaft, Fans und Verein wie eine Familie zusammengestanden sind. Furchtlos und treu. Doch leider scheint die Harmonie in der Mercedesstraße schon wieder vorüber. Aufstieg gemeinsam geschafft, Ausgliederung errungen, jetzt wäre die Chance gewesen, kontinuierlich Aufbauarbeit zu leisten. Die Vision von Schindelmeiser und Wolf überzeugte mich. Doch plötzlich holt der Vereinsboss zum Paukenschlag aus. Schindelmeiser, einen Vater des Erfolgs, setzt er vor die Tür, holt einen Vertrauten. Bei den Neueinkäufen wird seitdem auf erfahrene, vielleicht auch satte Spieler gesetzt. Die Gefahr von Cliquen-Bildung in der Mannschaft und im Vorstand ist groß. Ich setze auf Trainer Wolf, sein Team und die fantastische Fangemeinde in unserer Region. Uns steht eine spannende Saison bevor.

Frech aufspielen

So groß die Freude über den direkten Wiederaufstieg auch war - nach großen Erfolgen kam immer ein ganz furchtbares Jahr für die Wasenkicker. Dieses Wissen steckt in mir und bahnt sich immer wieder seinen Weg nach außen, hebt quasi den Zeigefinger: „Sei nicht zu euphorisch. Die Geschichte spricht dagegen.“ Denn den Meisterschaften in der Bundesliga folgte stets ein katastrophales Jahr. Was oft nicht nur an den Kickern auf dem Platz lag, sondern auch am Gebaren innerhalb des Vereins. Ich will jetzt gar keine Beispiele aufzählen, sondern daran erinnern, was nach dem Aufstieg vor 40 Jahren passierte. Das Team um Trainer Sundermannn spielte frisch auf, begeisterte die Fans - und war auch noch erfolgreich. Aus Sundermann wurde Wundermann und junge Spieler wie Karl-Heinz Förster oder Hansi Müller erfolgreiche Nationalspieler. Wenn sich bei mir ob der neuen Bundesliga-Saison Zweifel einschleichen, erinnere ich mich an die Saison nach dem Aufstieg. Wie viel Spaß es mir bereitete, mit den Kumpels zu den Heimspielen ins Neckarstadion zu gehen, auf den Stehplätzen im Block F mitgejubelt zu haben. Der VfB belegte am Ende Platz 4, Meister wurde der 1. FC Köln. Man muss kein Seher oder Prophet sein, um zu wissen, dass die Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung stark gegen Null strebt. Aber gegen eine forsch aufspielende junge VfB-Mannschaft, die die Zuschauer begeistert, hätte ich gar nichts einzuwenden. Rückschläge wird es natürlich geben, aber Trainer Wolf und seinem Team traue ich sehr viel zu. Möge die Abwehr an Stabilität gewinnen und die Stürmer Ginczek und Terodde verletzungsfrei bleiben und den ein oder anderen Treffer beisteuern.

Oben bleiben

Jaa, der VfB... seit über 20 Jahren fiebere ich jetzt mit diesem Verein mit - von DFB-Pokal-Sieg, Europapokal-Finale, Meisterschaft, Champions League-Teilnahme (mit einem genialen 2:1-Sieg über Manchester United) bis über die in den letzten Jahren sich häufenden Zitterpartien, etlichen internen Querelen und ständigen Trainerwechseln - inklusive dem Abstieg in die 2. Bundesliga, war alles dabei. Langweilig wird es einem VfB-Fan sicher nicht. Wie auch die aktuelle Situation wieder zeigt. Sicherlich nachvollziehbar ist der Rausschmiss von Jan Schindelmeiser - aber das nun wieder kurz vor Saisonbeginn...naja. Kann man so oder so sehen. Vom „Chaosklub“ ist da schon wieder die Rede. Ich hoffe nur, dass zieht sich nicht wieder die ganze Saison hindurch. Gut, dass der Vertrag des Trainers schon vorzeitig verlängert wurde. Der sympathische und engagierte Hannes Wolf darf nun für die 1. Bundesliga das passende Team formen. Von den Neuzugängen lasse ich mich da gerne überraschen. Vielleicht ist bei den eingekauften Talenten ja wieder ein „Junger Wilder“ dabei.

Etwas erfahrenere Spieler würden der Mannschaft aber sicher auch guttun. Mit Holger Badstuber ist jetzt zwar ein erfahrener Spieler im Team - seine Verletzungsanfälligkeit trübt allerdings die Vorfreude auf die bevorstehende Saison etwas. Trotzdem drücke ich natürlich „meinem“ VfB die Daumen, wie auch die vielen anderen Fans, und erhoffe mir spannende Spiele, die ein oder andere Überraschung und vor allem mehr Ruhe im Verein. Enttäuscht uns nicht, Jungs! Frei nach dem Motto von Hannes Wolf, welches ich kürzlich in einem Artikel gelesen habe: „Wir sind gekommen, um zu bleiben“ - Olé, VfB!

Junge Wilde machen Mut

Geschichte wiederholt sich nicht, heißt es. Manchmal ist das schade. Welcher VfB-Fan, der das entsprechende Alter hat, erinnert sich nicht gerne an den Wiederaufstieg vor 40 Jahren? Damals begeisterten die Jungen Wilden mit forschem Offensivfußball und ihren spielerischen Qualitäten das Publikum. Erfolgreich waren sie zudem mit Platz 4 am Saisonende.

Jung ist die Mannschaft auch jetzt. Technisch begabte Spieler gibt es viele im Kader. Das nährt die Hoffnung auf begeisternde Spiele - und auch den Optimismus, dass es dieses Mal keine Zittersaison wird. Nicht wenige Experten und Fans bemängeln, dass der VfB bisher überwiegend junge Spieler mit Perspektive verpflichtet hat, aber zu wenige mit Erfahrung. Aber die Erfahrung lehrt, dass Erfahrung im Fußball eben nicht alles ist und schon gar keine Garantie für den Erfolg. Der VfB ist nicht der einzige Verein in der Bundesliga-Geschichte, der mit einer jungen, unerfahrenen Mannschaft für Furore sorgte. Jüngstes Beispiel sind die ungeliebten Bullen aus Leipzig. Nicht das Alter ist entscheidend, sondern die spielerische Qualität.

Eine Gefahr könnte sein, dass sich im Umfeld, aber auch im Verein selbst zu schnell Euphorie breitmacht. Das vom Präsidenten Wolfgang Dietrich vollmundig ausgegebene Ziel, dass sich der VfB in den nächstens vier Jahre im oberen Tabellen-Drittel etablieren soll, ist da wenig hilfreich. Natürlich hoffen das die Fans. Aber ein bisschen mehr Demut täte nach den Katastrophenjahren schon gut. Schön wäre es aber trotzdem, wenn sich die Geschichte wiederholen würde. Es muss ja nicht gleich Platz 4 sein, über Rang 5 würde wohl auch niemand meckern. Nur darf die Geschichte dann nicht so weiter gehen, wie in den Jahren nach dem Wiederaufstieg und nach den Meisterschaften, als jeweils der schleichende Niedergang oder gar jähe Absturz folgte.

Gute Mischung

Der VfB ist wieder da, wo er hingehört. Jetzt muss die Mannschaft zeigen, dass sie auch in der Bundesliga bestehen kann. Der eingeschlagene Weg mit dem jungen Trainer und vielen jungen und wilden Talenten ist vielversprechend. Wenn die erfahrenen Neuzugänge wie Torhüter Ron-Robert Zieler und Holger Badstuber zu ihrer alten Form finden und, besonders im Falle Badstubers, von Verletzungen verschont bleiben, hat der VfB eine gute Mischung im Team, mit der langfristig auch mehr (Europa, wir kommen!) möglich sein wird, als der in dieser Saison hoffentlich frühzeitig feststehende Klassenverbleib.