Die Stuttgarter sind nach dem 2:2 enttäuscht. Foto: dpa - dpa

VfB hadert nach spätem Ausgleich gegen den SC Freiburg mit ihrem Schicksal – und dem Schiedsrichter

StuttgartFünf Minuten!?“ Markus Weinzierl tippte sich in Richtung des vierten Offiziellen ungläubig an die Stirn. Fünf Minuten Nachspielzeit – das wollte der Coach des VfB Stuttgart nicht wahrhaben. Er wusste wohl, warum. Denn nach 94 Minuten brach das Unheil über seine Mannschaft herein. Mit seinem letzten Angriff drückte Florian Niederlechner den Ball doch noch zum 2:2-Ausgleich für den Sportclub über die Linie. Der Rest war Freiburger Jubel – und Stuttgarter Entsetzen.

Als „sehr bitter“ fasste Weinzierl den Abend vor 51 089 Zuschauern in der Mercedes-Benz-Arena zusammen. Direkt nach dem Schlusspfiff hatte er noch Schiedsrichter Deniz Aytekin seine Meinung zur langen Nachspielzeit gegeigt. Und nicht nur dazu. Auch die Gelb-Rote Karte gegen Stürmer Mario Gomez (89.), der seinen Ellbogen im Luftkampf zweimal zu hart eingesetzt hatte, konnte der 44-Jährige nicht verstehen. „Zweimal Gelb ist zu hart“, befand Weinzierl, „der Schiedsrichter muss sich in so einer Szene der Wichtigkeit des Spiels bewusst sein.“ Weinzierl war sich sicher: „Mit elf Mann hätten wir das Spiel gewonnen.“

Eine Sichtweise, die Freiburgs Trainer Christian Streich nicht unerwidert lassen konnte. Er konterte Weinzierls Schiedsrichter-Schelte mit Verweis auf eine Szene in der 57. Minute. Da kassierte Rückkehrer Benjamin Pavard nach einem Schubser gegen Freiburgs Keven Schlotterbeck Gelb. Nur Gelb, wie Streich befand und seinerseits seinen Teil zu diesem unterhaltsamen Baden-Württemberg-Duell beitrug.

Ein Platzverweis, vier Tore – aber nur ein Punkt für den VfB zum Beginn der Wochen der Wahrheit, die am Sonntag (18 Uhr) mit dem Duell bei Aufsteiger Fortuna Düsseldorf ihre Fortsetzung finden. Zwei Partien, in denen der Tabellen-16. endlich Boden gut machen wollte in der Fußball-Bundesliga. Stattdessen bleibt er nach dem unglücklichen, wenngleich leistungsgerechten 2:2 gegen die Breisgauer, auf der Strecke. Torhüter Ron-Robert Zieler haderte mit „zwei verlorenen Zählern, die wir dringend gebraucht hätten. Das Ergebnis tut weh.“

15 Punkte, Platz 16, der Abstand zum rettenden Ufer durch den 3:0-Sieg des FC Augsburg gegen den FSV Mainz 05 ist auf drei Punkte angewachsen. „Was jetzt zählt, sind Kampf und Wille“, blickte Sportchef Michael Reschke voraus. „Beides haben wir gegen Freiburg gezeigt. Und das wird in den kommenden Wochen entscheidend sein.“

Nach dem zweiten Heimspiel der Rückrunde kennzeichnen aber Frust, Enttäuschung und Ernüchterung den Gemütszustand im Lager der Weiß-Roten. Dabei hatte bis zur 93. Minute alles nach einem Stuttgarter Glücksmoment ausgesehen. Emiliano Insua (75.) und Daniel Didavi (83.) hatten die Partie nach dem frühen Rückstand durch Janik Haberer (4.) gedreht. Alles deutete auf den ersten Sieg nach zuvor vier Niederlagen in Folge hin. Der aber viele spielerische Probleme übertüncht hätte.

„Wir waren nicht die Bomben-Mannschaft, die den Gegner an die Wand gespielt hat“, sagte Weinzierl zu dem Auftritt seines Teams, der sich 75 Minuten lang mit „Bemüht, aber glücklos“ umschreiben ließ. Ohne Tempo und zündende Ideen, dafür fast immer mit dem für den Gegner vorhersehbaren Ball verstrickten sich die Jungs aus Cannstatt regelmäßig im Freiburger Abwehrdickicht.

Auch in Weinzierls 13. Spiel als VfB-Trainer waren kaum Automatismen zu erkennen. Einstudierte Laufwege, feste Positionen und Anspielstationen – all das bekamen die Anhänger von ihrem Herzensclub an diesem kalten Abend nur in Ansätzen zu sehen. Die Körpersprache verriet: Selbstvertrauen ist ein Fremdwort. Der Auftritt des argentinischen Doppels nach 75 Minuten markierte den ersten echten Höhepunkt. Mit der Brust legte Nicolas Gonzalez Landsmann Emiliano Insua zum Ausgleich auf. Es war Insuas zweites Bundesligator für den VfB – bereits im Hinspiel hatte er gegen die Südbadener getroffen. Daniel Didavi setzte mit seinem Flachschuss nach erneuter Vorarbeit von Gonzalez noch einen drauf. Doch die Freude währte nicht lange. „Wenn du das Spiel drehst und in Führung gehst, musst du das Ding auch über die Zeit bringen“, merkte Zieler zerknirscht an.

Der am Ende gemeinsam mit den frustrierten Fans die Erfahrung machen musste, dass ein Fußballspiel nicht immer 90 Minuten dauert. Sondern auch mal 95 Minuten.