Den Mitspieler im Blick: Pascal Stenzel. Foto: Baumann - Baumann

Pascal Stenzel ist kein Traumtänzer, sondern ein geerdeter Realist. Weil er in Freiburg keine Chance auf einen Stammplatz sah stieg er bewusst in die zweite Bundesliga hinab.

St. GallenWas seine Karriere als Profifußballer betrifft, so ist Pascal Stenzel kein Traumtänzer, sondern ein geerdeter Realist. Das mag daran liegen, dass der neue Rechtsverteidiger des VfB aus Ostwestfalen stammt, wo man die Dinge für gewöhnlich sachlich und unaufgeregt angeht. Oder es liegt am Sommer 2015, als der damalige Dortmunder Cheftrainer Thomas Tuchel auf einer Asienreise während der Saisonvorbereitung entscheidend in die Laufbahn des damaligen BVB-Jungprofis eingriff.

„Wenn mich Tuchel nicht vom Sechser zum Rechtsverteidiger umgeschult hätte, dann würde ich wohl heute nicht hier sitzen“, sagt Stenzel in der Lobby des Hotels Säntispark in Abtwil, wo der VfB Stuttgart nach der Woche von Kitzbühel bis zum Samstag sein zweites Trainingslager bezogen hat. „Als Rechtsverteidiger hat man es einen Ticken leichter als im defensiven Mittelfeld, wo die Konkurrenzsituation größer ist“, sagt Stenzel, der sich mit dem Job auf der rechten Außenbahn schnell angefreundet hat.

Nach Stuttgart hat es den 23-Jährigen leihweise für eine Saison verschlagen, weil der Wunsch des Spielers, „wieder im Trikot zu stecken“ einfach alles überwog. Immerhin 21 Erstligaeinsätze für den SC Freiburg stehen für Pascal Stenzel aus der Vorsaison zu Buche – doch lediglich neun davon absolvierte der ehemalige Junioren-Nationalspieler über 90 Minuten. Als ihm der SC-Trainer Christian Streich nach dem Ende der Saison dann auch für die Zukunft keine großen Hoffnungen machte, im Breisgau kurzfristig an dem wieder gesunden Lukas Kübler vorbeizuziehen, war für Stenzel die Sache klar: Ein Wechsel zum VfB macht Sinn, weil dort die Einsatzchancen hinten rechts um einiges größer sind. Den Abstieg aus der Erstklassigkeit nahm Stenzel dabei in Kauf. Die 2. Bundesliga ist ihm nicht unbekannt. Denn mit dem Sportclub, wohin er im Januar 2016 vom BVB aus gewechselt war, holte Stenzel vier Monate später die Zweitliga-Meisterschaft.

Aufmerksam und gut geschult

Nun heißt es: auf ein Neues mit dem VfB, wo der 1,83-Meter-Mann aktuell der einzige Profi im Kader ist, für den es nach dem Abgang der beiden Rechtsverteidiger Pablo Maffeo, der nach einer Horrorsaison zum FC Girona nach Spanien verliehen wurde, und von Andreas Beck (hat inzwischen beim belgischen Erstligisten KAS Eupen unterschrieben) keinen adäquaten Ersatz gibt. Während sich links in Borna Sosa, David Grözinger und Emiliano Insua drei Spieler um eine Position rangeln, hat Stenzel rechts quasi freie Fahrt. „Vielleicht wird der VfB noch was machen“, mutmaßt Stenzel, dem der Sportdirektor Sven Mislintat klar das Vertrauen ausgesprochen hat: „Pascal ist eine echte Verstärkung für uns – nicht nur wegen seiner Erfahrung in erster und zweiter Liga.“

Geht es nach den bisherigen Eindrücken in den Testspielen wie etwa beim 5:3 über den FC Zürich am vergangenen Samstag, muss sich die VfB-Fangemeinde keine Sorgen machen: In Pascal Stenzel besitzt der Absteiger einen aufmerksamen, technisch gut geschulten Außenverteidiger, der auch auf engem Raum eine spielerische Lösung findet, der zudem gerne nach vorne verteidigt anstatt stur hinten drin zu stehen – und der obendrein zugibt: „Bei meiner Robustheit im Zweikampf kann ich noch zulegen, damit ich nicht weggeschoben werde.“

Mit seiner Sicht auf das Spiel eines Außenverteidigers passt Pascal Stenzel gut ins offensiv orientierte System des neuen VfB-Cheftrainers Tim Walter. Auch wenn beide von der Mentalität her einiges trennt – hier der extrovertierte Coach, da der charakterlich eher zurückhaltender Spieler, der privat das Rampenlicht meidet –, so passt es auf dem Fußballplatz dennoch zusammen. Denn beide wollen auf dem Rasen lieber agieren, wollen den Gegner dominieren, anstatt sich den Spielverlauf diktieren zu lassen. „Die Spielidee des Trainers kommt mir zugute“, sagt der Defensivmann, der in der Jugend bei Arminia Bielefeld, dem VfL Osnabrück und zuletzt bei Borussia Dortmund spielte: „Wenn er auf dem Platz mal lauter wird, dann darf man das nicht persönlich nehmen. Neben dem Platz ist der Trainer ein Kumpeltyp.“

Wie der Zimmerkollege Philipp Klement fühlt sich Stenzel beim VfB also gut integriert – gemeinsam wollen sie nun das Ziel direkter Wiederaufstieg angehen. Ob es bei einer Rückkehr in die Bundesliga gar zu einem festen Engagement in Stuttgart kommt, darüber will Stenzel nicht spekulieren. „Ich bin einer“, sagt er, „der nicht allzu weit in die Zukunft blickt.“