VfB-Stürmer Hamadi Al Ghaddioui (links) und Routinier Gonzalo Castro wollen auch nach dem Spiel gegen Dynamo Dresden wieder gute Laune haben Foto: Baumann - Baumann

Wenn´s drauf ankommt ist Hamadi Al Ghaddioui da. Sofort. Seine Tore waren für den VfB fast immer punktebringend. Trainer Walter ist voll des Lobes über den 29-Jährigen.

StuttgartUS-amerikanische Spitzensportler reden von der Crunchtime. Von jenem Moment also, wenn es zählt, drauf ankommt – wenn es auf dem Platz und den Rängen vor Spannung knistert. Eine Pokal-Verlängerung etwa, das ist so eine Crunchtime – eben eine spielentscheidende Phase, in welcher der VfB-Stürmer Hamadi Al Ghaddioui ganz gerne positiv in Erscheinung tritt. „Ich drehe mich und haue den Ball rein ins kurze Eck. Und das war es eigentlich. Kurz und trocken“, sagte der 29-Jährige zu seinem Treffer zum 2:1 am Dienstagabend beim Hamburger SV.

Von seinem Wesen her ist der 29-Jährige, der mit acht Geschwistern im Großraum Bonn aufwuchs, eben ein bescheidenes Naturell. Doch der Jubel um ihn herum, als ihm die Kollegen im Hamburger Volkspark nach seinem Jokertor in der 113. Minute um den Hals fielen, der dürfte Al Ghaddioui bekannt vorkommen. „Es war ein unbeschreibliches Gefühl“, sagte der VfB-Stürmer zwar später – doch neu war er für den 1,93-Meter-Mann nicht. Schon einige Male hatte der Neuzugang aus Regensburg in seiner Karriere in der Crunchtime für die Entscheidung gesorgt. Zweitliga-Jokertore gegen Bochum und Magdeburg hatten dem Spätstarter, der bei den Sportfreunden Lotte, Borussia Dortmund II, dem SC Verl und Bayer Leverkusen II lange Zeit unterklassig gespielt hatte, einst beim Jahn den Stammplatz beschert.

„Das wünscht sich jeder Trainer: Du wechselst einen Stürmer ein – und er ist sofort da. Es ist schön, wenn einer gleich funktioniert“, lobte Trainer Tim Walter nach der gelungenen Revanche von Hamburg seinen Stürmer, der mit sechs Pflichtspieltreffern bisher mit weitem Abstand die meisten Saisontore beim VfB erzielt hat. Doch damit nicht genug: So bildeten die Al-Ghaddioui-Treffer bisher allesamt nicht etwa die Kirsche auf der Sahne in Form eines 3:0 oder 4:0, sondern sie waren wichtig, weil außer im Wehen-Spiel alle punktebringend. Mehrfach sorgte der Abiturient, der in Remagen einst ein sportmedizinisches Technikstudium begann, mit seinen Toren gar für die Entscheidung: Das war im Pokal beim HSV und auch zuvor in Runde eins in Rostock so, wo ihm wie in der Liga in Bielefeld beim 1:0 das goldene Tor des Abends gelang.

Niedrige Laufbereitschaft

„Ich bin froh, wie sich meine Karriere entwickelt hat – ich bin in jeder Liga den nächsten Schritt gegangen“, sagt Al Ghaddioui. Eigentlich als Backup-Spieler im Sturm eingeplant, ist er mit einem Jahresgehalt von rund 600 000 Euro bei einer Ablöse von 400 000 Euro aus finanzieller Sicht ein Schnäppchen. In Sachen Laufbereitschaft und Zweikampfstärke ist der 29-Jährige, der vom ehemaligen Gladbacher Trainer Gerd vom Bruch beraten wird, zwar nicht die größte Leuchte im VfB-Kader. Doch in seiner Handlungsschnelligkeit und der Konsequenz dicht vor des Gegners Tor macht ihm bisher keiner etwas vor. Auch nicht der formal höher bewertete Youngster Silas Wamangituka, 20, der acht Millionen Euro an Ablöse kostete, oder der Altmeister Mario Gomez, 34, der pro Saison rund 4,5 Millionen Euro verdient. Auch der argentinische Neu-Nationalspieler Nicolas Gonzalez, der in puncto Effektivität stark aufholt und zudem als Vorbereiter hervorstechende Eigenschaften besitzt, kann sich von der Trefferquote des Hamadi Al Ghaddioui noch eine Scheibe abschneiden.

Dabei wachsen aber auch für den gebürtigen Rheinländer, dessen Familie aus Marokko stammt, die Bäume nicht in den Himmel. „Er ist oft noch etwas zu passiv und muss sein Spiel noch weiterentwickeln, aber er ist auf einem guten Weg“, sagt Walter über den Angreifer, der sich weiter mit einer leichten Entzündung im Knie herumplagt – und der in Hamburg daher lediglich die Jokerrolle hatte übernehmen können. „Es ist nichts Strukturelles. Nichts ist kaputt. Er hat eine Entzündung – und die hemmt ihn ein wenig“, erklärt der VfB-Cheftrainer.

Zu erwarten ist, dass Walter am Sonntag gegen Dynamo Dresden von seiner in Hamburg erfolgreichen 4-3-2-1-Tannenbaum-Taktik abrückt, indem er im Heimspiel gegen die Sachsen einen zweiten Stürmer neben Gonzalez bringt. Aufgrund der Knieproblematik dürfte dieser aber von Beginn an erneut nicht Hamadi Al Ghaddioui heißen. Dem winkt in diesem Fall wieder die Jokerrolle.

Auslosung

Nach dem 1:0-Sieg bei Hansa Rostock sowie dem 2:1-Erfolg nach Verlängerung beim HSV steht der VfB im Achtelfinale des DFB-Pokals. Den Gegner für die Runde der letzten 16 Mannschaften bekommt das Team von Trainer Tim Walter am Sonntag (18 Uhr) in der ARD-Sportschau zugelost.