Ab Juli sitzt Rainer Widmayer wieder auf der VfB-Bank. Foto: Baumann - Baumann

Ein Mann zwischen Gegenwart und Zukunft. Der Co-Trainer von Hertha BSC kehrt zu seinem Herzensclub zurück – als Hoffnungsträger.

Stuttgart Die Vorbereitung ist ein wenig aufwendiger geworden, seit klar ist, dass der VfB Stuttgart am Samstag (15.30 Uhr) unter neuen Voraussetzungen nach Berlin zur Hertha reist. Seit klar ist, dass Interimstrainer Nico Willig an der VfB-Seitenlinie steht. Der hat nicht nur einiges verändert, sondern auch gleich einen Sieg geholt. Und das hat Auswirkungen. Zum Beispiel für Rainer Widmayer, ganz besonders für ihn. Der 52-Jährige ist schließlich Co-Trainer bei Hertha BSC – und in dieser Funktion dafür zuständig, das Berliner Team mit allen wichtigen Informationen zum kommenden Gegner auszustatten. „Ich bereite unsere Jungs bestmöglich auf den VfB vor“, sagt er. Und: „Natürlich wollen wir das Spiel gewinnen.“ So natürlich dieser Wunsch ist, so widersprüchlich ist er, wenn man Widmayers Zukunft kennt. Ab dem 1. Juli steht er beim VfB unter Vertrag – und würde gerne weiter in der Bundesliga arbeiten.

„Klar, der VfB benötigt Punkte“, weiß der Mann, der am Samstag zwischen Gegenwart und Zukunft steckt. Er betont jedoch: „Das ist im Moment einfach nicht mein Problem.“ Soll heißen: Am Samstag zählt für ihn nur der Sieg mit der Hertha, danach hofft er, dass der VfB den Klassenverbleib klarmacht. Das kommende Jahr will schließlich auch Widmayer nicht damit verbringen, die schnelle Rückkehr in die Bundesliga zu stemmen. Er hat andere Pläne: „Ich will meinen Teil dazu beitragen, beim VfB wieder Stabilität reinzubringen. In Stuttgart gibt es ein gutes Fundament.“ Das soll genutzt werden. Kontinuierlich – und nicht so sprunghaft und auf dem Drahtseil balancierend, wie es der VfB in den vergangenen Jahren getan hat. Der Club sucht nach Konstanz – und ist guter Hoffnung, sie in Person von Rainer Widmayer gefunden zu haben.

„In meiner künftigen Rolle geht es natürlich darum, der Mannschaft ein fußballerisches Gesicht zu geben. Aber sicher auch darum, den Blick immer wieder auf die Nachwuchsmannschaften und Toptalente des Vereins zu richten“, beschreibt er seine Jobbeschreibung für mindestens die kommenden drei Jahre. Andererseits vertraut der VfB auf die Berliner Zeit des gebürtigen Sindelfingers. Viereinhalb Jahre war Widmayer zuletzt im Duett mit Chefcoach Pal Dardai für das Hertha-Team zuständig. Im Profizirkus ist das eine lange Zeit. Im selben Zeitraum waren in Stuttgart neun Trainer am Werk. Bringt der neue Mann also das Rezept mit, um diese schwarze Serie zu durchbrechen? Zumindest wird er wichtige Erfahrungen einbringen. „In schlechten Phasen ist es wichtig, zusammenzuhalten und nicht mit dem Finger auf den jeweils anderen zu zeigen. Da gehören Offenheit und Ehrlichkeit dazu.“ Zwischen Coach, Spielern und Funktionären, aber auch innerhalb des Trainerteams. „Wenn man Spiele gewinnen will, dafür Ideen und Ansätze hat und auch akzeptieren kann, dass ein anderer auch einmal einen besseren Vorschlag hat, dann spielen Namen keine Rolle.“ Was auch bedeutet: Rainer Widmayer kann gut damit umgehen, dass sein künftiger Chef noch gar nicht feststeht.

„Thomas Hitzelsperger hat mich über die neue Situation informiert“, sagt Widmayer, der zuversichtlich ist, dass er mit dem neuen Chef harmonieren wird: „Ich habe in meinen 19 Jahren als Co-Trainer schon mit vielen unterschiedlichen Cheftrainern zusammengearbeitet – und ich glaube, es hat sich danach noch keiner über mich beschwert.“ Widmayer ist überzeugt von der Teilnahme an der Relegation und auch zuversichtlich, dass sich Willigs Team dort auch durchsetzt. Mahnende Worte hat er dennoch parat: „Die Hertha ist ein warnendes Beispiel, die als Erstligist einst als Verlierer der Relegation abgestiegen ist.“ Das war 2012. Sieben Jahre später muss es der VfB besser machen.

Nach viereinhalb sportlich guten Jahren, aber auch einer Zeit, in der er im Hotel wohnte und die Familie in Renningen nur selten sah, ist der frühere Zweitligaspieler froh, wieder zu seinem Herzensclub zu kommen. „Ich bin heimatverbunden und hänge an diesem Verein.“ Für den er schon unter Markus Babbel als Co-Trainer der Profimannschaft gearbeitet hat. Die Menschen in Berlin hätten denn auch „großes Verständnis“ dafür gezeigt, dass sich da einer „für die Familie und nicht gegen den Verein“ entschieden hat.

Liebe und Zuneigung zu Weiß und Rot müssen aber noch ein bisschen warten. „Am Samstag“, versichert der Hertha-Assistenzcoach, „wird das keine Rolle spielen.“ Der VfB muss sich selbst helfen – bevor ihm ab Juli Rainer Widmayer hilft.