So geht’s: Die Offensivspieler Daniel Ginczek (rechts) und Chadrac Akolo haben beim jüngsten Pokalerfolg des VfB in Kaiserslautern getroffen. Jetzt steht wieder der Ligaalltag an. Quelle: Unbekannt

Von Sigor Paesler

Stuttgart – Werbung für dieses Spiel müsste Hannes Wolf eigentlich nicht mehr machen. Wenn Fußball-Bundesligist VfB Stuttgart am Sonntag (18 Uhr) den SC Freiburg zum Landes-Derby empfängt, wird die Mercedes-Benz-Arena ausverkauft sein. „Dass es langweilig wird, möchte ich fast ausschließen. Es ist ein Spiel, das für beide Seiten Brisanz besitzt. Ich glaube nicht, dass es in die eine oder andere Richtung nach 70 Minuten entschieden sein wird“, sagt der Coach.

„(Das) Baden-Württemberg-Derby“ steht auf dem Plakat, das die Marketingabteilung des VfB für die Begegnung entworfen hat. Angesichts des Absturzes des Karlsruher SC und der geringen Tradition von 1899 Hoffenheim mit Betonung auf „Das“, auch wenn das Wort in Klammern geschrieben steht. Aus Wolfs Aussagen ist aber weniger Konkurrenz als Respekt gegenüber den Südbadenern herauszuhören. Der VfB-Trainer spricht über die Gegner stets voller Hochachtung, bei den Freiburgern gilt das offensichtlich noch ein bisschen mehr. Seinen Kollegen Christian Streich findet er „super“, weil dieser wie er selbst große Verdienste in der Jugendarbeit hat. Und „weil er für gewisse Werte steht, auch außerhalb des Platzes“.

Zudem haben die beiden Teams einige Gemeinsamkeiten. Traditionell und aktuell. In der Tabelle trennen den 13. VfB und den 15. SC zwei Plätze und zwei Punkte (10/8), wodurch die morgige Partie durchaus einen richtungsweisenden Charakter hat. Das spielt Wolf gar nicht herunter, auch wenn er der Mannschaft nicht allzu viel Druck des Gewinnen-Müssens mitgeben möchte.

Qualität auf der Bank

Zudem haben beide Mannschaften in der laufenden Saison erst sechs Tore erzielt – und haben trotzdem ein Offensivpotenzial. Gerade von der Bank. „Es spricht für eine Mannschaft, wenn sie Qualität einwechseln kann“, sagt Wolf und meint damit Spieler wie Daniel Ginczek, Takuma Asano oder Josip Brekalo, die regelmäßig eingewechselt wurden und in der Schlussphase neuen Schwung brachten. Wolf denkt aber auch an Freiburg und speziell an Nils Petersen. Der Stürmer hat sich zum Prototypen des Jokers entwickelt, ob ihm das selbst gefällt oder nicht. In der Liga stand Petersen in der laufenden Saison noch nie in der Freiburger Startelf, wurde aber sieben Mal eingewechselt, meistens um die 70. Minute. Eine weitere Parallele zu den Stuttgartern: Wie Ginczek im Spiel gegen den 1. FC Kaiserslautern (3:1), stand auch Petersen unter der Woche im DFB-Pokalspiel des SC gegen Dynamo Dresden (ebenfalls 3:1) in der Startelf. Wolf wird die VfB-Akteure darauf vorbereiten, was auf sie zukommt, wenn Petersen aufs Feld kommt. „Es kann aber auch sein, dass er von Anfang an spielt.“

Im Pokal haben die Stuttgarter und Freiburger Selbstvertrauen getankt. Wolf freute dabei besonders, dass alle drei VfB-Tore in Kaiserslautern von Offensivspielern erzielt wurden: Ginczek, Chadrac Akolo und Simon Terodde. Auch Freiburgs Petersen traf gegen Dresden. „Daraus entsteht Vertrauen“, erklärt Wolf. Dass es dabei „nur“ gegen einen Zweitligisten ging, spielt für ihn eine untergeordnete Rolle.

Natürlich weiß der Stuttgarter Coach, dass die Mannschaft mehr gefordert sein wird. Wozu er einen typischen Wolf-Satz sagt: „Wir haben uns so angestrengt, um aufzusteigen, und werden uns jetzt nicht beschweren, dass die Spiele schwerer werden.“

Typisch Wolf ist auch seine Sichtweise auf die aktuellen personellen Probleme: „Wir werden versuchen, die Spieler, die wir haben, mit der bestmöglichen Ausrichtung auf den Platz zu schicken.“ Vor allem in der Innenverteidigung wird es eng. Nach Marcin Kaminski fällt nun auch Holger Badstuber aus. Der Routinier hat sich in Freiburg eine Verhärtung im Oberschenkel zugezogen. So stehen in Timo Baumgartl und Benjamin Pavard nur noch zwei gelernte zentrale Verteidiger zur Verfügung. Zwei Lösungsansätze gibt es hierfür: Entweder Wolf rückt von der bislang praktizierten Dreier-Abwehrkette ab und bietet eine Vierterkette auf, oder er beordert einen Außenmann nach innen, etwa Emiliano Insua oder – eher unwahrscheinlich – den wiedergenesenen Dennis Aogo. Auch Dzenis Burnic könnte auf der Position einspringen.

Zudem fehlen dem VfB am Samstag Mittelfeldspieler Orel Mangala und Ersatztorhüter Alexander Meyer (beide Muskelverletzung).

Bei allen Gemeinsamkeiten zwischen dem VfB und dem SC gibt es aktuell auch einen großen Unterschied: Während die Badener in der vergangenen Saison noch auf europäischer Bühne gespielt haben, kommen die Stuttgarter aus der 2. Bundesliga. So oder so: Die Vorzeichen, dass das Baden-Württemberg-Derby auch ein gutes Fußballspiel wird, stehen gut.