Die Geburt eines Kindes ist pures Glück und grenzenlose Freude. Doch der Alltag mit einem Kleinkind kann auch belastend sein. Beispielsweise dann, wenn eine Mutter allein ist mit dem Säugling, wenn sie weder Verwandte noch Nachbarn hat, die mal was abnehmen könnten. Oder wenn Geschwisterkinder eifersüchtig auf das neue Familienmitglied sind und so für zusätzlichen Stress sorgen. „Wellcome“ bietet deshalb praktische Hilfe für Familien nach der Geburt. Das Angebot gibt es in Stuttgart seit 2009 unter dem Dach des Hauses der Familie in der Elwertstraße 4 in Bad Cannstatt, und es wird mit Unterstützung von zahlreichen ehrenamtlichen Frauen umgesetzt.
Entlastung für ein paar Stunden
Sylvia Föllmer ist eine von rund 30 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen im Wellcome-Programm. Ihre Aufgaben in der Familie, die sie stets für mehrere Monate besucht und betreut, sind klar umrissen. Sie soll die Mütter – oder auch Väter – ein- bis zweimal pro Woche für ein paar Stunden entlasten. „Ich betreue das Neugeborene, während sich die Mutter ausruht oder etwas für sich tut“, sagt die ehemalige Sozialarbeiterin und Altenpflegerin. Auch ein Ausflug mit den Geschwisterkindern auf den Spielplatz gehört zum Anforderungsprofil. „Dann kann sich die Mutter in aller Ruhe um ihr Baby kümmern.“
Sorgen und Nöte hören sich die Wellcome-Engel, wie sie genannt werden, ebenfalls an. Praktische Hilfe leisten sich auch, etwa bei Behördenkram. „Haushaltshilfen sind unsere Ehrenamtlichen aber nicht“, sagt Rabiye Sönmez, die seit 2012 zum Team der Wellcome-Koordinatorinnen gehört und sich um Familien mit Migrationshintergrund bemüht, die es oft noch schwerer haben, sich in einem fremden Land in der neuen Situation zurechtzufinden. Das betrifft mehr als die Hälfte der insgesamt 30 Familien, die derzeit betreut werden.
Zeit zum Erholen und Kraftsammeln
„Unser Klientel ist aber weit gestreut. Wir haben auch Familien aus ganz normalen Verhältnissen, die beispielsweise nach einer Mehrlingsgeburt an ihre Grenzen kommen“, so die dreifache Mutter. Vor allem gehe es bei Wellcome nämlich darum, dass sich die Mütter erholen und Kraft sammeln könnten. „Und dass sie sich nicht allein gelassen fühlen“, sagt Rabiye Sönmez.
Sprachbarrieren stören Sylvia Föllmer nicht. Zur Not, sagt sie, rede sie mit Händen und Füßen, außerdem finde sich im Haus der Familie auch immer eine Muttersprachlerin, die bei der Kommunikation behilflich sei. „Das Soziale liegt mir in den Genen“, sagt Sylvia Föllmer, die vor acht Jahren bei Wellcome eingestiegen ist. „Meine Enkelin wurde älter und ich dachte, sonst habe ich gar keinen Bezug mehr zu Kindern.“ Einfach nur ein billiger Babysitter sei sie aber nicht. „Ich will einen Sinn in meiner Arbeit sehen.“ Also unterstützt sie die Mütter nicht nur tatkräftig im Alltag, sondern gibt ihnen auch praktische Tipps und Lebenshilfen an die Hand. Bei allzu aufmüpfigen Geschwisterkindern indes, kommt auch der erfahrene Wellcome-Engel an seine Grenzen. „Erziehen und bestimmen kann ich in der Familie nicht“, sagt Sylvia Föllmer. Aber sie könne in den Monaten des Zusammenseins Beziehungen aufbauen.
Wellcome-Team sucht Verstärkung
Im Prinzip könne jede Familie das Wellcome-Angebot in Anspruch nehmen, das eine Art von moderner Nachbarschaftshilfe sei, erklärt Rabiye Sönmez. „Da es aber von der Stadt finanziert wird, braucht es gewisse Voraussetzungen, und eine davon ist, dass ein Kind in der Familie unter einem Jahr alt ist.“ Außerdem übersteige der Bedarf an Hilfe die Zahl der ehrenamtlichen Helferinnen, weswegen das Wellcome-Team ständig auf Suche nach Unterstützung sei. Auch Männer seien willkommen, sagt Rabiye Sönmez. „Wir bieten auch einiges.“ Die ehrenamtlichen Wellcome-Engel sind im Einsatz versichert und bekommen ihre Fahrtkosten erstattet. Außerdem werden regelmäßig Fortbildungen angeboten. „Wir organisieren Vorträge mit Referentinnen zu verschiedenen Themen von Kultur bis Depressionen, und einmal im Jahr machen wir zusammen auch was Schönes.“
Sylvia Föllmer kennt viele weitere Gründe, warum sich der freiwillige Einsatz als Wellcome-Engel lohnt. „Ich mache es, weil es für mich eine Herausforderung ist, ich lerne viele Leute kennen, was hochinteressant und eine Bereicherung ist.“ Eva Herschmann
→ www.hdf-stuttgart.de/wellcome/
Jubiläumsbeilage
In eigener Sache
Im Jahr 1824 wird der Luftballon erfunden, Karl X. wird König von Frankreich, die 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven wird uraufgeführt. 100 Jahre später, 1924, wird das erste Fax über den Atlantik gesendet, die Mongolische Volksrepublik wird gegründet, Oberbürgermeister Konrad Adenauer eröffnet die erste Kölner Messe.
Und 2024? Gibt es einen Grund zum Feiern: 200 Jahre Cannstatter Zeitung und 125 Jahre Untertürkheimer Zeitung.
Dafür planen wir eine große Jubiläumsbeilage – und hier, liebe Leserinnen und Leser, kommen Sie ins Spiel: Wir suchen nach Menschen, die Bad Cannstatt und Untertürkheim kennen und lieben und das vielleicht sogar mit einem Foto festgehalten haben. Von besonderen Anlässen, Jubiläen, Ereignissen, Familienfeiern, Einschulungen, etc. Wir sind auf der Suche nach Fotos aus den letzten 200 Jahren – eventuell findet sich ja ein tolles Foto in einem alten Familienalbum. Hilfreich wären auch Aufnahmen von Straßen und Plätzen, die sich stark verändert haben.
Wir freuen uns auch über Zeitzeugen, die ihre Sicht der Dinge auf die letzten 50 bis 80 Jahre teilen können und Cannstatter oder Untertürkheimer Geschichten erzählen. Sie haben solche Bilder und könnten? Dann können Sie diese direkt zu uns bringen, wir scannen diese vor Ort ein und Sie nehmen Ihre Erinnerung direkt wieder mit nach Hause. Oder schicken Sie diese an Jana.Herrmann@caze-online.de mit einem Vermerk, wo und wann dieses Bild entstanden ist. Sie kennen jemanden, der bereit ist, uns seine Geschichte zu erzählen und so ein Stück Stadtgeschichte abzubilden? Wir freuen uns über einen Kontakt.