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Die Tafel: Ohne Ehrenamtliche läuft nichts

Im Tafel-Laden Steinhaldenfeld sorgen Ehrenamtliche täglich dafür, dass Bedürftige günstige Lebensmittel erhalten – mit Teamgeist, Engagement und einem starken Gemeinschaftsgefühl.

Die Tafel: Ohne Ehrenamtliche läuft nichts

Eingespieltes Team: Susan und Elke an der Kasse Fotos: Martina Fürstenberger

Im Laden der Schwäbischen Tafel in Steinhaldenfeld wird ab dem frühen Morgen angeliefert, sortiert und eingeräumt. Viele Mitarbeitende sind Ehrenamtliche. Sie sorgen dafür, dass Bedürftige günstig einkaufen können.

Viel Zeit für die Fragen der Reporterin haben die Mitarbeitenden nicht. Denn in den Ladenräumen herrscht um 9 Uhr morgens bereits Hochbetrieb - obwohl erst um Viertel vor zehn die ersten Kunden eingelassen werden. Aus den Lieferwagen werden Kisten und Paletten geladen. Im hinteren Raum sortieren acht Personen an einem langen Tisch Gemüse. Andere packen Brötchen und Brezeln vom Vortag aus großen Kisten in Portionsbeutel. Mit geübtem Griff reißt Mahdi das Plastik einer Tomatenschale auf und begutachtet den Inhalt. 

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Faulige Exemplare wandern in den Eimer für Biomüll, gute werden zur Seite gelegt. Der s Iraner kommt an vier Tagen pro Woche.„Ich liebe das Zusammenarbeiten. Die Chefin ist sehr gut und auch die Kollegen. Und ich kann hier sprechen üben“, sagt er und lacht. Wenn er um 13 Uhr seine Schicht beendet hat, geht er zum Deutschkurs. Neben ihm steht Dagmar, eine Rentnerin aus Neugereut. Sie ist I seit August dabei und hilft einmal pro Woche L „Ich dachte, ich kann mich ja noch nützlich machen“, erklärt sie ihre Motivation.

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Es macht Spaß zu helfen

Vier Ladengeschäfte betreibt die Schwäbische Tafel e. V. in Stuttgart und Fellbach-der in Steinhaldenfeld ist der kleinste, vor knapp zwei Jahren ist man aus der Cannstatter Brückenstraße hierher gezogen. In den vier Läden arbeiten rund 400 Menschen mit, allein in Steinhaldenfeld sind es 40 bis 50.„Die allermeisten davon sind Ehrenamtliche“, erklärt Hilli Pressel, stellvertretende Projektleitung und eine der nur 20 Festangestellten, die sich um das Management, die Ladenleitungen und die Koordination der Logistik kümmern. Der Rest wird von Freiwilligen gestemmt. So wie von Elke und Susan, die ein eingespieltes Team an der Kasse sind. Susan rechnet in rasantem Tempo zusammen, wie viel die Kunden bezahlen müssen, Elke bedient die Kasse.„Ich bin seit 15 Jahren dabei und komme jeden Tag von 7 bis 15 Uhr“, erzählt Elke. „Es macht mir einfach Spaß, den Menschen zu helfen.“ Susan hat nach einer längeren Familienpause einen Einstieg in den Beruf gesucht und ist so bei der Tafel gelandet.„Mir hat das sehr geholfen, wieder in den normalen Alltag reinzukommen.“

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Im Hintergrund räumt Theodoros noch die Regale ein: Abgepackte Brötchen für Burger gibt es heute viele, Grießbrei und Apfelsaft. Das Angebot richtet sich danach, was von den Lebensmittelhändlern und -herstellern gespendet wurde. Backwaren, Milchprodukte, Obst und Gemüse gibt es jeden Tag, anderes ab und zu. Warum Theodoros hier mithilft? „Ich muss Arbeitsstunden ableisten“, erzählt er freimütig. Ungern tut er das nicht.„Das Klima hier ist super, alle sind sehr freundlich.“ Leider könne er zurzeit nicht in einem normalen Job arbeiten, da er erkrankt sei. Aber vier Stunden am Tag schafft er.

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Den Verein „Schwäbische Tafel Stuttgart e.V.“ gibt es seit 30 Jahren. Von Beginn an ging es nicht nur darum, günstige Lebensmittel zur Verfügung zu stellen, sondern auch, Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren und Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen zu bieten, die auf dem regulären Arbeitsmarkt keine Chancen haben. In früheren Jahren kamen viele 1-Euro-Jobber über das Jobcenter. „Diese Arbeitsgelegenheiten wurden nun drastisch gekürzt“, sagt Pressel. „Auch bei anderen Maßnahmen gibt es Kürzungen.“

Wie eine Ersatzfamilie

Dass es trotzdem gelungen ist, viele Ehrenamtliche zu halten und auch neue zu gewinnen, ist ein großer Erfolg. „Wir sind für viele hier wie eine Ersatzfamilie.“ Denn viele Mitarbeitende sind selbst von Armut betroffen. Bei der Tafel können sie nicht nur etwas Sinnvolles tun, sondern entkommen auch der Einsamkeit.

Während drinnen schon eingekauft wird, wird im Hintergrund immer noch sortiert. „Wir füllen den ganzen Tag nach“, sagt Ladenleiterin Rita Borodin. Am Ende des Tages sind die Regale dann trotzdem leer. Denn der Bedarf ist groß. Oft stehen schon um 8 Uhr morgens die ersten in der Schlange. Die Kunden kommen aus allen Altersgruppen und Nationalitäten, darunter Menschen, die Grundsicherung oder Sozialhilfe erhalten, Geflüchtete, Studierende mit zu wenig Bafög oder Ältere mit zu kleiner Rente. In Stuttgart berechtigt die Bonuscard zum Einkauf.

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40 Tonnen Lebensmittel werden jeden Tag auf dem Großmarkt, bei Discountern und Bäckereifilialen eingesammelt, die sonst eventuell im Müll landen würden. Manches wird auch vom Handel oder den Herstellern gespendet, obwohl es noch lange haltbar ist darüber freuen sich Mitarbeiter und Kunden immer besonders. Neue Ehrenamtliche werden gerne genommen. „Wer bei uns mithelfen will, ist immer willkommen“, sagt Ladenleiterin Borodin.„Egal ob nur einmal pro Woche oder jeden Tag.“