Der Platz am Schwarzen Brett der Universität Stuttgart füllt sich zurzeit wieder mit Wohnungssuchanzeigen. Foto: Leif Piechowski - Leif Piechowski

Den größten Ansturm erwarten Universitäten und Hochschulen in und um Stuttgart zum Wintersemester. Das Studierendenwerk und Haus und Grund appellieren an Hausbesitzer, leer stehende Räume zu vermieten.

StuttgartStudentin sucht Zimmer, Nähe Uni Vaihingen, bis 370 Euro warm.“ Solche Anzeigen finden sich um so häufiger, je näher der Semesterstart der Hochschulen rückt. Die Studenten konkurrieren mit Festangestellten, Beamten, Selbstständigen, mit Paaren, die sich die Miete teilen können, mit Gutsituierten.

Im Wintersemester 2017/18 haben 2770 Studierende allein an der Universität Hohenheim ein Studium begonnen. „Wenn die Neueinschreibungen in etwa dem Vorjahr entsprächen, kämen im Herbst rund 4000 Erstsemester plus knapp 2000 Masterstudenten und Uni-Wechsler“, sagt Susanne Schupp von der Hochschulkommunikation der Universität Stuttgart. Fast 9000 Zuzügler auf einen Streich – es wird also wieder eng – und jedes Jahr teurer.

Das Studierendenwerk Stuttgart beklagt eine „Preissteigerung in den letzten zwei Jahren um durchschnittlich sechs Prozent“, unter 300 Euro sei nichts zu bekommen. „Bafög-Empfänger erhalten maximal 250 Euro Wohnungszulage, das entspricht nicht der Lebenswelt“, kritisiert Geschäftsführer Tobias M. Burchard. Viele Studierende suchen daher Zuflucht in Studentenwohnheimen, wo die Zimmer zwischen 225 und 450 Euro kosten. 7200 Plätze der Universitäten und Hochschulen in Stuttgart, Ludwigsburg, Esslingen und Göppingen stehen für 62 000 Eingeschriebene zur Verfügung. Damit der Anteil der Zimmer steigt, baut das Studierendenwerk Stuttgart in den nächsten vier Jahren gut 1400 zusätzliche Wohnplätze. Das Land zahlt pro Wohnplatz 8000 Euro Förderung und überlässt dem Bauträger campusnahe Grundstücke in Erbbaupacht. Keine Furcht vor „Gammelstudenten“

3100 Bewerber warten auf ein Zimmer, zu Beginn des Wintersemesters werden es nach Schätzung des Studierendenwerks rund 4000 sein, „nur 2005 Zimmer werden frei, rund 300 weniger als im Vorjahr“, so Pressesprecherin Anita Bauer. „Das könnte daran liegen, dass unsere Mieter(innen) die Höchstmietdauer von 36 Monaten eher ausnutzen“, sagt sie. „Die Stuttgarter Vermieter sind offen gegenüber Studierenden“, sagt Ulrich Wecker, Geschäftsführer des Vereins Haus und Grund. „Man weiß, dass die Wohnung in absehbarer Zeit wieder frei wird.“ Das Bild des „Gammelstudenten“ herrsche nicht mehr vor. Außerdem böten sich die Eltern häufig als Bürgen an.

Im sechsten Jahr in Folge wirbt Haus und Grund gemeinsam mit dem Studierendenwerk, Studenten bezahlbaren Wohnraum anzubieten. In der Vergangenheit habe man mittels der Kampagne „600 Privatunterkünfte an Studierende vermittelt“, so Tobias M. Burchard. Hilfreich sei die Online-Plattform www.platz-fuer-studierende.de für kostenlose Wohnungsinserate.

In den vergangenen Jahren erprobte die städtische Abteilung Leben im Alter ein weiteres Modell: Ein Student zieht für ermäßigte Miete in den Haushalt eines älteren Menschen und geht gelegentlich Einkaufen oder pflegt den Garten. Wohnen mit Hilfe heißt das Modell, an dem aber mehr Studenten denn Ältere interessiert sind. Sozialamtsleiter Stefan Spatz räumt ein: „Ältere haben wohl Angst vor der Ungewissheit, wen sie sich da in die Wohnung holen. Wenn eine Einliegerwohnung vorhanden ist, läuft die Vermittlung besser.“

WGs sind nicht unbedingt billig

Trotz allem: Notunterkünfte habe man selbst beim doppelten Abiturjahrgang nicht gebraucht, sagt Susanne Schupp von der Hochschulkommunikation der Uni Stuttgart. In Hohenheim hätten „im vergangenen Wintersemester nur 13 Studierende in den ersten beiden Monaten eine Notunterkunft genutzt, die Leute suchen ja selbst aktiv“, sagt Dorothea Elsner, stellvertretende Sprecherin der Uni Hohenheim.

Laut der jüngsten Sozialerhebung des Studierendenwerks Deutschland leben 30 Prozent der Studierenden in Wohngemeinschaften. Billig ist das nicht unbedingt: Einer Studie der „Wirtschaftswoche“ nach sind die WG-Mieten am deutlichsten in München, Berlin und Stuttgart gestiegen. „Vermieter nehmen es gern mit, wenn vier Personen bis zu 1600 Euro für eine Wohnung bezahlen“, sagt der Vorstandsvorsitzende des Mietervereins Stuttgart, Rolf Gaßmann. Er empfiehlt dem Verein Haus und Grund „seine Mitglieder zu großzügigem Umgang mit der Erlaubnis zur Untervermietung aufzufordern“. Auch das könne die Wohnungsnot mildern.

Bauprojekte sollen Abhilfe schaffen

Stuttgart: Für die Wohnanlage Allmandring IV am Campus Stuttgart-Vaihingen ist im Juli 2018 der Grundstein gelegt worden. Sie soll 2019 fertig sein und mehr als 380 Wohnplätze bieten. Außerdem entsteht von 2019 an die Wohnanlage Allmandring V mit mindestens 200 Plätzen samt MINT-Kita (mit Ausrichtung auf Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik).

Ludwigsburg: In Eglosheim und am Campus Königsallee entstehen Wohnheime mit insgesamt 245 Zimmern, das Gebäude der Oberfinanzdirektion Karlsruhe wird saniert und bietet 70 Wohnplätze.

Nachfrage: Für die Wohnheime in Stuttgart-Mitte und -Vaihingen interessieren sich zurzeit 2591 Studierende, auf der Warteliste für Ludwigsburg stehen lediglich 519 Bewerber, in Esslingen keiner.

Wohnen mit Hilfe: Dieses Modell (vergünstigter Wohnraum gegen Mithilfe in Haushalt oder Garten) gibt es seit 2013 in Stuttgart. Momentan bewerben sich 219 Studierende dafür, 18 solcher Mietverhältnisse gibt es aktuell. Interessierte Vermieter können sich beim Bürgerservice Leben im Alter bei der Stadt Stuttgart unter Telefon 07 11 / 216-59 101 informieren.