Wohnhäuser in Stuttgart: Die Stadt bemüht sich um mehr günstige Wohnungen – doch durch die Bemühungen steigen in einigen Fällen die Preise. Foto: dpa - dpa

Durch einen Deal mit der Stadt Stuttgart verteuern sich günstige Wohnungen teilweise erheblich.

StuttgartEs klingt paradox, doch es ist Realität. Wohnungen, die eigentlich besonders preiswert sein sollen, werden durch das Bemühen der Stadtverwaltung um günstige Mieten teilweise deutlich teurer.

Alles beginnt mit einem Versprechen von Stuttgarts grünem Oberbürgermeister Fritz Kuhn. Das Abschmelzen des Sozialwohnungsbestands werde er stoppen, so Kuhn. Gab es Anfang der 90er-Jahre noch rund 22 000 dieser subventionierten und somit preiswerten Wohnungen in Stuttgart, so sind es aktuell noch etwas mehr als 14 000. Daher hat der OB das Ziel ausgegeben: 300 neue Sozialwohnungen sollen pro Jahr gebaut werden – bislang wurde diese Zahl jedoch noch nicht erreicht. Viel problematischer aber ist die Tatsache, dass rund 450 Sozialwohnungen jedes Jahr diesen Status verlieren, die Mieten also nicht mehr gebunden sind und somit erhöht werden können.

Also hat das Rathaus eine Vereinbarung, unter anderem mit den Wohnungsgenossenschaften der Stadt, geschlossen. Grob zusammengefasst, geht diese Vereinbarung so: Die Stadt bekommt pro Jahr 150 Belegungsrechte, kann also diese Wohnungen Menschen zur Verfügung stellen, die eine Sozialwohnung brauchen. Im Gegenzug erhalten die Immobilienunternehmen, von denen die Belegungsrechte stammen, günstiges Bauland. So geschehen jüngst am Neckarpark. Eines der Immobilienunternehmen, welches der Verwaltung Wohnungen zur Verfügung stellt, ist die Landes-Bau-Genossenschaft, kurz LBG. 17 Wohnungen stellt die LBG der Stadt in diesem Jahr zur Verfügung.

Bemerkenswert ist, dass die Miete dadurch in einigen Fällen steigt, anstatt zu sinken. „Die zulässige Miete liegt dabei höher als unsere eigene Miete“, erklärt LBG-Vorstand Josef Vogel. Ein konkretes Beispiel: Würde die LBG die fraglichen Einheiten weiter frei vergeben, läge die Miete nach Aussage des Unternehmens zwischen 7,50 und 7,70 Euro pro Quadratmeter. Nach dem Berechnungsmodell, welches die Stadt für die Wohnungen anlegt, die sie von den Genossenschaften erhält, liegt die Miete nun in einem Fall bei 8,27 Euro pro Quadratmeter, in einem anderen Fall bei 9,21 Euro pro Quadratmeter. Der Durchschnittspreis, den die LBG bei immerhin mehr als 2200 Wohnungen in Stuttgart verlangt, liegt bei 6,58 Euro pro Quadratmeter. Das Rathaus weist die Schuld für das paradoxe Ansteigen der Miete von sich. Auf Anfrage erklärt der Sprecher der Stadt, Sven Matis: „Es ist eine unternehmerische Entscheidung der LBG, welche Miete verlangt wird.“ Und: Die Verwaltung lege lediglich eine Obergrenze fest.

Im Fall der LBG-Wohnungen geht die Berechnung so: Aufgrund der Lage des Gebäudes, des Baujahrs, der Wohnfläche und der Ausstattung der Wohnung erfolgt eine Einstufung in den Mietspiegel. Diese sogenannte ortsübliche Vergleichsmiete muss dann um zehn Prozent unterschritten werden. Das wird für zehn Jahre festgeschrieben.

LBG-Chef Vogel sagt dazu: „Wir geben das Belegungsrecht für unsere Wohnungen an die Stadt ab.“ Das bedeutet, die Einheiten werden nicht mehr unter sämtlichen Bewerbern vom Eigentümer frei vergeben, sondern der Vermieter erhält von der Verwaltung mögliche Mieter – beispielsweise aus der städtischen Notfallkartei – vorgegeben. Aus diesem Grund halte man sich auch an die Berechnungsgrundlage der Stadt, so Vogel.

Das Unternehmen, von dem die Stuttgarter Verwaltung die meisten Belegungsrechte erhält, ist die stadteigene Wohnbautochter SWSG. Nach Informationen unserer Zeitung trifft die SWSG dieselbe unternehmerische Entscheidung wie die LBG, hält sich in vergleichbaren Fällen ebenfalls genau an die Berechnungsgrundlagen der Stadt und bleibt nicht darunter.