Solche Anzeigentafeln weisen Autofahrer auf Steigungsstrecken auf ihre Geschwindigkeit hin - erlaubt sind nur 40 km/h. Archiv Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Elke Hauptmann

Stuttgart - Zur Senkung der verkehrsbedingten Lärm- und Schadstoffbelastung soll auf acht weiteren Steigungsstrecken im Stadtgebiet künftig Tempo 40 gelten. Die Umsetzung dieses von Oberbürgermeister Fritz Kuhn vorgeschlagenen Maßnahmenpakets würde in den nächsten beiden Jahren knapp 1,4 Millionen Euro kosten. Über die Investition streitet der Gemeinderat derzeit - in der dritten Lesung des Doppelhaushalts 2018/2019 wird eine Kampfabstimmung erwartet.

Ende 2012 wurde auf der Hohenheimer Straße die erste Tempo-40-Steigungsstrecke im Stadtgebiet ausgewiesen. Wie OB Kuhn betont, konnten anhand der Daten der dortigen Messstation positive Auswirkungen auf die Luftreinhaltung nachgewiesen werden. Daher wurde die Luftreinhaltemaßnahme auf weitere Steigungsstrecken übertragen - bis Ende dieses Jahres werden insgesamt 25,3 Kilometer entsprechend beschildert sein. Weitere elf Kilometer Streckenlänge stehen derzeit zur Diskussion - das vom Kuhn in die Haushaltsdiskussion eingebrachte Paket sieht acht Straßenabschnitte vor. Die Umsetzung dieser Maßnahmen kostet rund 1,4 Millionen Euro: Benötigt werden insgesamt 110 Verkehrsschilder sowie 13 zusätzliche Geschwindigkeitsanzeigegeräte, zudem müssen die Grüne-Welle-Schaltungen der Ampeln auf das neue Tempolimit angepasst und mehrere Verkehrserhebungen zur Kontrolle der Auswirkungen auf die Verkehrsbelastung durchgeführt werden.

Die Investition ist im Gemeinderat umstritten. In der ersten Lesung des Doppelhaushaltes 2018/2019 wurde das Paket jetzt zwar bewilligt - die knappe öko-soziale Mehrheit aus Grüne, SPD und SÖS-Linke-Plus im Gremium hatte sich in der nichtöffentlichen Abstimmung durchgesetzt. Endgültig beschlossen ist es damit aber noch nicht. Der bürgerliche Block aus CDU, FDP, Freie Wähler und AfD will das Thema offenbar noch einmal aufs Tableau bringen - in der abschließenden öffentlichen dritten Lesung am 15. Dezember.

Vor allem die Christdemokraten laufen Sturm gegen die Umsetzung weiterer Tempolimits auf Steigungsstrecken. Natürlich seien Maßnahmen für die Luftreinhaltung in Stuttgart „wichtig und richtig - wenn sie wirken“, sagt Fraktionschef Alexander Kotz. Tempo 40 habe aber keine nachweisbare Wirkung, verweist er nicht nur auf eine Studie mit Testfahrten durch Stuttgart aus dem Jahr 2015, sondern zitiert auch das Verwaltungsgericht Stuttgart, dass im Rechtsstreit zwischen der Deutschen Umwelthilfe und dem Land um einen Luftreinhalteplan für die Landeshauptstadt jüngst zu der Auffassung kam, dass es sich bei Tempo 40 „nicht um eine Luftreinigungsmaßnahme im Sinne des Bundesemissionsschutzgesetzes“ handle. Laut Kotz ist auch die Auswahl der Steigungsstrecken „der Bevölkerung nicht mehr vermittelbar“: Bei vier der acht Straßenabschnitte würde die Steigung unter sechs Prozent liegen, die Heilbronnerstraße weise gerade einmal 3,4 Prozent Steigung auf einer Länge von 2710 Metern auf. Und dass die Luft in der Hohenheimer Straße seit Einführung von Tempo 40 etwas besser geworden ist, dafür hat die CDU-Fraktion eine simple Erklärung: „Wir sind der Überzeugung, dass dies auf den Wegfall von Parkplätzen auf der Straße und bessere Ampelschaltungen zurückzuführen ist, nicht auf das Tempolimit.“

Auch die Freien Wähler und die FDP wollen die 1,4 Millionen Euro nicht ausgeben, so lange nicht zweifelsfrei geklärt sei, ob die Maßnahme zur Luftreinhaltung beiträgt.

Tempo 40 auf steigungsstrecken

Umgesetzt von 2012 bis 2015:

1. Schwarenberg-/Plank-/Pischek-straße

2. Neue Straße/Albert-Schäffle-/Aspergstraße

3. Immenhofer Straße/Zellerstraße/Neue Weinsteige

Umsetzung 2016 und 2017:

1. Türlen-/Robert-Mayer-Straße

2. Birkenwaldstraße

3. Herdweg/Lenzhalde

4. Zeppelinstraße

5. Herder-/Botnanger Straße

6. Hegel-/Hölderlinstraße

7. Schickhardt-/Schwabstraße

8. Schwabstraße

9. Werfmershalde

10. Karl-Kloß-Straße

11. Dobel-/Sonnenberg-/Richard-Wagner-Straße

12. Alexander-/Haußmannstraße

13. Hack- und Rotenbergstraße

14. Olgastraße/Neue Weinsteige

15. Haußmannstraße

Geplant bis Ende 2019:

1. Rotebühl-/Rotenwaldstraße

2. Tal-/Wagenburgstraße

3. Landhausstraße

4. Gablenberger Hauptstraße

5. Wolframstraße

6. Nordbahnhof-/Friedhofstraße

7. Heilbronner Straße

8. Neue Weinsteige/Obere

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