Im Herz der Integrierten Verkehrsleitzentrale: Die Mitarbeiter beobachten auf Monitoren das Verkehrsgeschehen im Stadtgebiet. Die Daten liefern Hunderte Kameras und Messstellen.Archiv Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Elke Hauptmann

Stuttgart - Stuttgart gilt als die Stauhauptstadt Deutschlands: Autofahrer verbrachten im vergangenen Jahr laut Tomtom-Studie 132 Stunden im Stillstand. Ohne die Integrierte Verkehrsleitzentrale (IVLZ) wären es vielleicht noch mehr. Das Team versucht, den Verkehr am Laufen zu halten, greift ein, wenn es irgendwo hakt. Im Durchschnitt werden pro Tag 150 Schaltungen und Meldungen veranlasst. Tendenz steigend.

Das Herz der IVLZ befindet sich im zweiten Stock des an der Cannstatter Mercedesstraße gelegenen Gebäudes: In einem abgedunkelten Raum stehen vor vier großen Pulten mehrere Bildschirme, an der Wand hängen zahlreiche Monitore. Darauf lässt sich beobachten, wo der Verkehr rollt und wo nicht. Kamerabilder vom Leuzeknoten zeigen gerade, dass sich im morgendlichen Berufsverkehr allmählich ein Stau aufbaut. Wie sich herausstellt, hat eine Baufirma eine Absperrbake, die nachts wegen Bauarbeiten aufgestellt wurde, auf dem Fahrstreifen vergessen. Dadurch ist die Spur weiterhin blockiert. Die Baufirma wird umgehend informiert - wenig später ist die Bake weg. Die Verkehrsbehinderungen halten sich daher in Grenzen.

Solche Eingriffe in den Straßenverkehr sind Alltag für die vier Teams der IVLZ. Die Mitarbeiter - neben Polizei und Ordnungsamt sind auch das Tiefbauamt und die Stuttgarter Straßenbahnengesellschaft (SSB) mit im Boot - überwachen seit 2006 ganz gezielt den Verkehr in der Landeshauptstadt. Erfahren sie über Polizeifunk von einem Unfall oder sehen auf einem Bildschirm, dass eine der mehr als 800 Ampeln im Stadtgebiet ausgefallen oder das Parkhaus der Wilhelma besetzt ist, suchen sie gemeinsam nach dem besten Konzept gegen den drohenden Stau. Im Schnitt greifen sie 150 Mal am Tag ins Verkehrsgeschehen ein.

Die Zahl steigt stetig. 56 000 Schaltungen und Meldungen, über die der Verkehr gesteuert wurde, gab es im vergangenen Jahr. 2012 waren es noch 28 500, berichtet Ralph Thomas, der Leiter der IVLZ. Das liege zum einen an der Vielzahl von Ereignissen, die sich auf den Verkehr in Stuttgart auswirken: Rund 400 Großveranstaltungen, 14 500 Baustellen und 26 700 Unfälle wurden allein im vergangenen Jahr verzeichnet. Nicht alle freilich seien für die Verkehrsleitzentrale relevant gewesen, räumt Thomas ein. Zum anderen mache sich bemerkbar, dass der Einflussbereich der Verkehrsleitzentrale kontinuierlich ausgeweitet wurde: Fast 430 schwenkbare Kameras, die an neuralgischen Punkten stehen, und rund 350 Verkehrsmessschleifen in der Fahrbahndecke versorgen die Zentrale mit Infos. Es könnten aber durchaus noch mehr sein, denn für die IVLZ gibt es noch „weiße Flecken“ auf der Landkarte: Degerloch und Zuffenhausen, Ost, die Neckarvororte und Teile von Bad Cannstatt, zählt Thomas auf.

Technik-Bürgermeister Dirk Thürnau und Sicherheitsbürgermeister Martin Schairer halten den weiteren Ausbau der IVLZ für dringend nötig. Die weiterhin rege Bautätigkeit, städtebauliche Nachverdichtungen wie etwa im Neckarpark sowie die Fortschreibung des Luftreinhalteplans würden eine effiziente Steuerungsmöglichkeit des Verkehrsgeschehens bedingen, bereiten sie den Gemeinderat in einer Vorlage auf hohe Ausgaben vor. Das Gremium wird bei den Beratungen zum Doppelhaushalt 2018/2019 über ein millionenschweres Maßnahmenpaket entscheiden müssen. Darin geht es nicht nur um die Installation von weiteren Messstellen und Kameras, sondern auch um den Aufbau eines neuen Parkleitsystems für die Innenstadt. Zudem ist die Erneuerung der Alternativroutensteuerung im Stuttgarter Norden erforderlich - nach zehn Jahren im Dauerbetrieb kann sie nicht mehr repariert werden. Darüber hinaus sollen nun auch in den Außenbezirken die Ampeln so umgerüstet werden, dass sie den SSB-Bussen freie Fahrt ermöglichen.