Marjoke Breuning, Präsidentin der IHK Region Stuttgart. Foto: oh - oh

Vor allem Internetanbingung oft mangelhaft.

StuttgartDie Region Stuttgart steht aktuell sehr gut da, die Wirtschaft brummt, und die wirtschaftlichen Perspektiven bleiben vorerst günstig. Sich in diesem Erfolg zu sonnen und auf dem erreichten Niveau auszuruhen wäre allerdings nicht empfehlenswert, heißt es in der Standortumfrage der IHK Region Stuttgart. „Das Ergebnis der Umfrage zeigt, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Standorte in der Region aus Sicht der Betriebe nachgelassen hat“, sagt IHK-Präsidentin Marjoke Breuning. Mit der Gesamtnote 3plus bescheinigen die Unternehmen ihren Standorten im Großraum Stuttgart im Schnitt noch ein ganz passables Wettbewerbszeugnis. Vor vier Jahren vergaben sie aber noch die Gesamtnote 2,5. „Wenn die Region auch in Zukunft ein dauerhaft bedeutender Wirtschaftsraum und international wettbewerbsfähig bleiben soll, muss mehr für gute Rahmenbedingungen getan werden“, sagt Breuning.

An der Standortumfrage haben sich 640 Unternehmen aller Größenklassen und Branchen im Ballungsraum Stuttgart beteiligt. Die Umfrage zeigt, dass die Unternehmen in der Region Stuttgart größtenteils zu ihren heimischen Standorten stehen und viele hier weiter investieren wollen. So sieht mehr als die Hälfte der befragten Betriebe die Kommune, in der sie ansässig sind, als gut bis sehr gut für den Standortwettbewerb gerüstet. Etwa 250 der Befragten (40 Prozent) bewerten die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit ihres Standortes noch als befriedigend bis ausreichend. Etwa 50 der befragten Unternehmen (acht Prozent) sind mit ihrem Standort hingegen unzufrieden. Wie sich aus der Studie weiter ergibt, sind die Firmen mit den allermeisten Rahmen- und Standortbedingungen unzufriedener geworden. Auffällig sei vor allem die Bewertung der Breitband-Internetanbindung. Obwohl diesem Standortfaktor schon vor vier Jahren und auch jetzt wieder die höchste Priorität zugesprochen wird, fällt die Zufriedenheit von der Durchschnittsnote 2,2 auf 2,7 ab. „Der Vergleich zeigt, dass die Region noch immer weit von einem flächendeckenden Netz mit genügend Megabit-Versorgung entfernt ist. Der Glasfasernetzausbau muss schneller vorangetrieben werden“, sagt Breuning.

Heinrich Baumann, stellvertretender Präsident der IHK Region Stuttgart und Präsident der IHK-Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen, schlägt in die gleiche Kerbe und betont ebenfalls die Dringlichkeit des flächendeckenden Ausbaubedarfs: „Wenn wir nur darauf schauen, wo bereits ein echter Glasfaser-Breitbandanschluss vorhanden ist, dann haben wir auch im Landkreis Esslingen noch eine Mammutaufgabe vor uns, denn selbst in unseren Großen Kreisstädten gibt es noch eine Menge weißer Flecken.“ Es sei ein wichtiger und guter Schritt, dass die Gesamtregion Stuttgart gemeinsam an einem Glasfaser-Backbone-Netz arbeite. Doch die Kommunen müssten sich rasch an dieses Netz anschließen und den eigenen Ausbau vorantreiben. Die wichtigsten Faktoren, an denen Betriebe in der Region Stuttgart die Qualität ihres Standorts bemessen, sind Breitbandanbindung und ein gutes Mobilfunknetz. Auch Arbeitskosten, Verfügbarkeit von Fachkräften, eine leistungsfähige Straßeninfrastruktur, Kundentreue, Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum und Versorgungssicherheit bei Energie spielen bei der Bewertung ihrer Heimatkommune – und damit letztlich bei Investitionsentscheidungen – eine wichtige Rolle. „Die Ergebnisse unserer Umfrage senden ein ganz klares Signal in Richtung Rathäuser und Gemeindeämter“, sagt Breuning.

Einer der wichtigsten und gleichzeitig am schlechtesten bewerteten Standortfaktoren war die Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum. Der spiele auch für die Unternehmen eine entscheidende Rolle. „Wie will ich denn in einem Bewerbungsgespräch die Frage nach der Verfügbarkeit von Wohnungen beantworten, ohne rot zu werden“, sagt Baumann, der geschäftsführender Gesellschafter des Autozulieferers Eberspächer ist.

Positiv bewerten die Unternehmen vor allem Versorgungssicherheit bei Energie. Aber auch Natur, Naherholung, Freizeit- und Kulturangebote spielen eine Rolle. Diese Attraktivität könnte aus Sicht der Unternehmen dazu beitragen, dass ihre Mitarbeiter trotz knappen und zu teuren Wohnraums die Region nicht verlassen, heißt es in der Umfrage. Die meisten Betriebe halten der Region trotz Schwächen und der steigenden Unzufriedenheit die Treue. 56 Prozent wollen in den nächsten fünf Jahren keine wesentlichen Veränderungen am Firmensitz vornehmen. Über ein Drittel plant sogar eine Erweiterung.

Stärken und Schwächen

Standortfaktoren: In der IHK-Umfrage haben Unternehmen fünf der 23 wichtigsten Standortfaktoren besser als mit der Schulnote 2 (gut) bewertet: Sie zählen zu den relativen Stärken der Region. Faktoren, die schlechter als mit der Note 2,6 (auf einer Skala von 1 bis 6) abgeschnitten haben, gehören zu den relativen Schwächen.

Stärken: Dazu zählen die sichere Energieversorgung, eine hohe Kundenbindung und -nähe, verfügbare Weiterbildungsangebote sowie eine hohe Attraktivität bezüglich der Umwelt, Natur, Naherholung und Freizeit-/Kulturangebote.

Schwächen: Sie reichen von hohen Standortkosten über eine zu geringe Leistungsfähigkeit der Infrastruktur (Breitband und Straßen), fehlenden bezahlbaren Wohnraum, hohe Gewerbeflächenpreise, Büro- und Ladenmieten bis zur Fachkräfteknappheit. In den kommenden zwölf Jahren fehlen hier 90 000 Fachkräfte pro Jahr. (imf)