Foto: Oliver Willikonsky/Lichtgut - Oliver Willikonsky/Lichtgut

Lieber seltener und dafür hochpreisiger Fleisch essen: Das ist der Ansatz der Stuttgarter Beef Society. Auch für einen Kaviar, der nur in Fellbach zu haben ist, muss man etwas mehr investieren.

StuttgartObwohl es weiterhin Leute gibt, die sich im Discounter über Schnäppchen aus der Fleischfabrik und im Restaurant über XXL-Schnitzel freuen: Bewusstes Genießen ist in vieler Munde. Weniger ist mehr – das könnte auch das Motto der Beef Society sein, die nun erstmals mit einer „Genuss-Tour durch den Süden“ gezogen ist. Freiburg, Ulm, Mannheim, Stuttgart und Rattenberg waren die Stationen. Das kleine Rattenberg im Bayerischen Wald deshalb, weil dort der Hof von Ludwig „Lucki“ Maurer ist, viel gefragter Showkoch, Fleischexperte und Züchter von Bio-Wagyus, jener Rinderrasse, die nach Überzeugung vieler das beste Fleisch der Welt ergibt – und eben auch das teuerste.

„Lucki für unseren Auftakt gewonnen zu haben, ist wie ein Gütesiegel. Damit sind alle anderen Türen offen, und wir brauchen nur noch durchzugehen“, sagt Dirk Pohl. Mit Christian List betreibt er in Cannstatt eine Agentur für Genussmarketing, deren „Herzensprojekt“ die neu gegründete Beef Society ist. „Wir richten uns an Liebhaber des Guten“, sagt List, der unter anderem das VfB-Clubrestaurant 1893, den Roten Hirsch und das Heuss am Killesberg betreibt, das auch als Station der Genuss-Tour diente. Drei Dutzend Genießer haben sich eingefunden, um ein von Lucki Maurer kreiertes Menü für 129 Euro zu genießen. Exklusivität hat eben ihren Preis, aber neben Wagyu und Black Angus wurden auch andere hochwertige Produkte wie Iberico-Schwein, Miéral-Geflügel, Hummer und Carabinero eingesetzt. Einen gewissen Mehrwert sollen die Gäste durch Informationen über die Produkte und den Austausch untereinander bekommen. „Inspiration kuratieren“ nennt Pohl das, „die Leute in einer reizüberfluteten Welt auf den Geschmack bringen“.

Nach der Auftaktreihe der Beef Society sei eine „Christmas Edition“ in Planung, auch über mehrtägige Genussreisen werde nachgedacht. Allerdings, so Christian List: „Wir machen keine Kaffeefahrten!“ Eines der teuersten Gourmetprodukte ist Kaviar. 400 Euro etwa kosten 100 Gramm von „Caviar with Life“, der im Fellbacher Restaurant Goldberg vorgestellt wurde. Als Sternekoch arbeitet Philipp Kovacs natürlich nicht zum ersten Mal mit Rogen vom Stör, „aber der Kaviar von Kasperskian hat eine gute Geschichte“. Nachdem jahrzehntelang Raubbau betrieben und die Stör-Bestände gefährlich dezimiert wurden, kommt Kaviar heute meist aus Zuchtanlagen. Das Besondere an dem Start-up Kasperskian: Für die Kaviargewinnung müssen die Störe nicht getötet werden, sondern die Eier werden „abgestreift“, wie das der Geschäftsführer Thomas Jaeger ausdrückt.

2015 wurde im Schweizer Wallis mit der Produktion des laut Eigendarstellung „wahrscheinlich besten Kaviars der Welt“ begonnen. Um den Laichprozess zu fördern, werden den Fischen in riesigen Hallenbecken verschiedene Jahreszeiten vorgegaukelt. Gestartet wurde mit sibirischem Stör, von dem nach fünf Jahren erstmals zehn Prozent seines Körpergewichts an Kaviar gewonnen werden. Nur 60 Prozent kommen davon handverlesen in die Dosen. Exklusiv im Raum Stuttgart kann man sie im Goldberg in verschiedenen Größen kaufen.

Die kleinste, eine Zehn-Gramm-Dose, ist prädestiniert für einen „Shot“ auf russische Art direkt vom Handrücken und mit eiskaltem Wodka. Champagner passt aber auch ganz gut dazu. Vor allem aber ist der Kaviar Komponente eines „Signature Dishs“, das es jetzt für etwa 50 Euro im Goldberg gibt: kalte Spaghetti nur mit etwas mildem griechischem Olivenöl, Schnittlauch und eben Kaviar. Jörg Rauschenberger, zu dessen Catering-Unternehmen neben dem Cube im Kunstmuseum und dem Pier 51 in Stuttgart Degerloch auch das Fellbacher Sternerestaurant gehört, hat dieses Gericht vor immerhin mehr als dreißig Jahren während seiner Zeit auf der Hotelfachschule in Lausanne kennengelernt. Er freut sich, mit „Caviar with Life“ Erinnerungen wieder lebendig werden zu lassen - mit einem ebenso hochwertigen wie nachhaltigen Produkt. Denn Rauschenberger weiß auch, dass „viele Gourmetlebensmittel in Verruf geraten sind“.

Wie geht man in Fellbach generell damit um? Fisch bevorzuge man aus Wildfang, sagt Küchenchef Kovacs, aktuell etwa Seehecht. Das seien „ausgewachsene Exemplare aus Patagonien von bis zu 14 Kilo“, bei denen davon auszugehen ist, dass sie ein gutes Leben gehabt haben. Schwieriger ist es mit der Gänseleber, auf die man auch im Goldberg nicht verzichten kann. Man schreibe bewusst nicht „ungestopfte“ auf die Karte, sagt Kovacs, wenngleich man sie, „sooft es geht“, zu bekommen versuche.