Die maurische Architektur der Wilhelma spiegelt sich im Seerosenbecken. Foto: Wilhelma Stuttgart - Wilhelma Stuttgart

Fast 40 Arten und Sorten der anmutigen Wasserpflanzen ragen derzeit aus dem großen Rund des beheizten Beckens empor.

Stuttgart (red)Das sonnige Südseewetter macht das malerische Ambiente in der Wilhelma in diesen Wochen perfekt: Im Maurischen Garten sind die tropischen Seerosen ganz in ihrem Element. Fast 40 Arten und Sorten der anmutigen Wasserpflanzen ragen derzeit aus dem großen Rund des beheizten Beckens empor. Der botanische Name der Seerosengattung Nymphaea ist den Naturgöttinnen der griechischen Mythologie gewidmet. Das reiche Farbspiel der Blüten wirkt der Palette Claude Monets entnommen: weiß, lila, violett, rosa, bläulich oder im leuchtenden Gelb der „Wilhelma“, einer nach dem Zoologisch-Botanischen Garten in Stuttgart benannten Züchtung. Im Wasser spiegelt sich idyllisch die orientalisch verspielte Architektur von Landhaus und Festsaalportal. Eine kleine Fontäne plätschert munter und auf den teils wagenradgroßen Blättern stapfen Teichhühner über das Wasser.

Für diese pittoreske Szenerie arbeitet Marcus Hoffmann im Schweiße seines Angesichts. Denn für die Pflege taucht der Zierpflanzengärtner selbst bei Freibadwetter in das Wasser mit Badewannen-Temperatur im Taucheranzug. Die Neoprenschicht schützt vor den harten Stacheln der Victorien, wenn er einmal pro Woche mit seiner Kollegin Jasmin Langhammer unansehnliche Blätter entfernt und zu ausladende Pflanzen zurückschneidet, damit alle Seerosen sich von ihrer besten Seite zeigen können. Gut zwei Stunden dauert der Einsatz – auch weil die beiden sich durch die 650 Quadratmeter vorsichtig hindurcharbeiten müssen. Unter Wasser verbergen sich 71 Pflanztröge und ein verzweigtes Heizrohrsystem, das die zirka 800.000 Liter Wasser auf 28 Grad hält. Wie schön die Seerosenblüte ausfällt, hängt vom Wetter ab. „Wegen der Heizung ist die Außentemperatur nicht so entscheidend“, erklärt Hoffmann. „Für das Gedeihen ist vor allem viel Licht notwendig. Sonnige Tage sind daher wichtig.“ Größter Widersacher ist der Hagel. Da die Blätter der Seerosen auf der Wasseroberfläche aufliegen, können sie – anders als Blätter an einem Baum – nicht nachgeben und werden von den Eiskörnern durchlöchert. „Ende Juli hatten wir ein Unwetter“, berichtet der Gärtner, „danach hat es drei Wochen gedauert, bis sich die Schäden ausgewachsen haben und es wieder so schön ist wie jetzt.“ Die Wachstumszyklen können die Stammgäste der Wilhelma gut beobachten. Die beiden großen Wildformen Victoria amazonica und Victoria cruziana, die Hausherr König Wilhelm I. von Württemberg in einem der Gewächshäuser schon seit 1851 gezüchtet hatte, bekommen pro Woche zwei bis drei neue Blätter und ein bis zwei Blüten.

Für die Fortpflanzung haben die Victorien einen Trick: „Am ersten Tag entwickeln sie eine schneeweiße weibliche Blüte“, erklärt Hoffmann. „Wenn diese verblüht ist, kommt am zweiten Tag eine männliche Blüte in Hellrosa nach. Durch die Abfolge verhindert die Seerose, dass sie sich selbst bestäubt.“ Die Samenkapseln sinken im Wasser zu Boden. Diese sammeln die Gärtnerinnen und Gärtner im Herbst aus dem Schlick auf, wenn das Becken zum Großreinemachen abgelassen wird und die Pflanzen inhäusig überwintern.