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Die Frau reiste nach Syrien, um mit den Terroristen des sogenannten Islamischen Staates zu kämpfen: Davon sind die Richter überzeugt und verurteilen die Deutsche nun dafür.

Stuttgart (dpa/lsw)Eine deutsche IS-Rückkehrerin ist in Stuttgart zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Das Oberlandesgericht sprach sie am Freitag der Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrororganisation schuldig. Die vierfache Mutter lebte von Ende 2013 bis August 2017 in Syrien und im Irak. Mitte 2018 wurde sie nach der Rückkehr aus dem Kriegsgebiet in Baden-Baden festgenommen.

Sabine S. sei mit Überzeugung und vollem Herzen dabei gewesen und habe für das Leben bei der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) geworben, sagte Richter Herbert Anderer. Die 32-Jährige hatte ein weitgehendes Geständnis abgelegt und sich vom IS losgesagt.

Die Bundesanwaltschaft hatte sechs Jahre Gefängnis beantragt, zeigte sich aber zufrieden mit dem Urteil. Ihren Angaben zufolge ist es der erste Schuldspruch gegen eine IS-Rückkehrerin. Der Anwalt der Frau hatte auf drei Jahre Haft plädiert.

Die Angeklagte wurde zugleich wegen Kriegsverbrechen gegen Eigentum verurteilt. Das Oberlandesgericht stützte den Vorwurf der IS-Mitgliedschaft nämlich auch darauf, dass die Frau mit ihrer Familie unter anderem ein Wohnhaus und Unterkünfte von IS-Flüchtlingen in Besitz genommen habe. Damit habe sie einen Beitrag zur Sicherung des Herrschaftsanspruchs der Terrororganisation geleistet.

Das Urteil kann richtungsweisend sein, weil die Bundesanwaltschaft auch in anderen Fällen versucht, so zurückgekehrten Frauen die IS-Mitgliedschaft nachzuweisen. Sabine S. konvertierte 2008 in Deutschland zum Islam und radikalisierte sich. Sie ließ hier ihre zwei Kinder aus erster Ehe zurück, um nach Syrien zu gehen.

«Euch zurückzulassen raubt mir die Luft zum Atmen», zitierte Anderer aus einem Abschiedsbrief an ihre Kinder. Kurz nach ihrer Ausreise in das Krisengebiet heiratete sie einen ihr bis dahin unbekannten IS-Kämpfer aus Aserbaidschan. Dieser stieg im Laufe der Zeit in der Hierarchie der Terrormiliz auf. Mit ihm bekam die Frau zwei weitere Kinder.

Mit ihrem zweiten Mann, der im Dezember 2016 starb, lebte die Angeklagte auch in der früheren syrischen IS-Hochburg Al-Rakka und im irakischen Mossul. Sie nahm nach Überzeugung des Gerichts als Zuschauerin an mindestens zehn öffentlichen Hinrichtungen teil. Dabei habe der Ehemann extra um sie eine Gasse bilden lassen. Dies habe den Einheimischen verdeutlicht, dass sie eine «IS-Frau» sei.

Anderer sagte, sie habe sich dem Willen des IS untergeordnet und von ihrem Ehemann eine Maschinenpistole bekommen, die sie außerhalb der Wohnung trug, um sich verteidigen zu können. Auch Schießübungen führte sie nach Überzeugung des Gerichts mit der Waffe durch. Aktiv an Kampfhandlungen nahm sie aber nicht teil.

Dem Urteil zufolge pries Sabine S. in mehreren Internetblogs das Leben bei der Terrororganisation an. «Der IS setzte gezielt Frauen für Propagandazwecke ein, um andere Frauen anzuwerben», betonte der Richter. Sabine S. habe das Leben beim IS beschönigt und auch Bilder hingerichteter Opfer veröffentlicht. So habe sie auch Hinrichtungen unter dem Titel «Das Köpfchen ab» beschrieben. Bei der Terrormiliz kümmerte sich die Deutsche zugleich um den Haushalt und versorgte ihre Kinder. Von der Terrororganisation habe sie im Monat 100 US-Dollar und jeweils 35 US-Dollar für die Kinder erhalten.

Von kurdischen Sicherheitskräften wurde sie im September 2017 festgenommen. Mit ihren beiden jüngeren Kindern saß sie sieben Monate in Erbil (Irak) in Haft. Diese Zeit wird bei der Verbüßung der Strafe verrechnet. Die beiden jüngsten Kinder der Frau sind inzwischen bei einer Pflegefamilie untergebracht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.