Dieses Gelände für die Quartiersentwicklung wird voraussichtlich im Jahr 2020 frei. Foto: Stadtmessungsamt Stuttgart/Bearb - Stadtmessungsamt Stuttgart/Bearbeitung: Y. Lange

600 neue Wohnungen am Stöckach sollen den drastischen Wohnungsmangel in Stuttgart dämpfen. Die Stadt setzt auf Verhandlungen mit der EnBW.

StuttgartDen drastischen Wohnungsmangel in Stuttgart sollen 600 neue Wohnungen am Stöckach dämpfen. Eine Neuordnung auf den Flächen des Energiekonzerns EnBW soll das ermöglichen. Bei ihrer Vorbereitung haben die Stadt und der Grundstückseigentümer die Weichen auf Zusammenarbeit gestellt – während man vor Gericht um Versorgungsnetze streitet.

Eine Mehrheit der Stadträte lehnte einen Antrag von SÖS/Linke-plus ab, vorbereitende Untersuchungen zu starten, die in eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme münden und auf eine Enteignung und Abfindung des Grundstückseigentümers hinauslaufen könnten. Die Mehrheit im Gemeinderat entschied sich gegen das Signal der Konfliktbereitschaft, weil die EnBW bei wichtigen Eckpunkten für das neue Quartier auf bisherigen Betriebsflächen kompromissbereit scheine.

Das Unternehmen, vermeldete der Grünen-Fraktionschef Andreas Winter, habe im Gespräch mit seiner Fraktion einige Dinge zugesagt. Es wolle eng mit Verwaltung und Gemeinderat zusammenarbeiten, sogar mehr als 600 Wohneinheiten schaffen und 40 Prozent der Wohnfläche als geförderte Wohnungen ermöglichen. Es seien Vorkehrungen abgesprochen, damit sich im Quartier nicht Gesellschaften einkaufen, die an Maximalrendite orientiert sind. Für mindestens 20 Jahre werde die EnBW selbst oder ein anderer „öffentlicher Anteilseigner“ Eigentümer des neuen Mietquartiers Stöckach sein. Sowohl Winter wie auch Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) deuteten am Donnerstagabend im Gemeinderat an, dass man auch über eine Aufstockung in Richtung 50-Prozent-Quote rede.

Ehe 38 Stimmberechtigte im Rat den Antrag von SÖS/Linke-plus ablehnten und 17 zustimmten, hatten OB Fritz Kuhn (Grüne) und Föll dringend von den vorbereitenden Untersuchungen abgeraten: Im Moment gebe es zwar keine Gewissheit, aber die Chance, dass man gemeinsame Rahmenbedingungen vereinbaren könne. „Wer schon jetzt den Vorbereitungen auf die Anwendung des schärfsten Instruments der Kommune zustimmt, beseitigt diese Chance vorsätzlich“, warnte Föll. Davon ließ sich Hannes Rockenbauch (SÖS) nicht beirren. Die Stadt müsse immer versuchen, den Boden für das Bauen unter ihre Kontrolle zu bringen, besonders bei so einem bedeutenden Projekt. Dann könne sie auf längere Sicht die Mietkonditionen prägen. Sie dürfe hier nicht das Standardverfahren Stuttgarter Innenentwicklungsmodell anwenden. Das ist das Verfahren, bei dem die Stadt neues Baurecht gewährt, wenn der Investor von der Wertsteigerung für das Gelände die Einrichtungen des sozialen Bedarfs mitfinanziert und eine Quote von öffentlich geförderten Wohnungen erfüllt. Rockenbauch sieht das kritisch: Der Boden werde sehr viel mehr wert. Diesen Zuwachs, sagte er unserer Zeitung, rechne die EnBW in die Mieten ein. Dass die Wohnungen bezahlbar bleiben, müsse die Stadt mit Subventionen teuer bezahlen. Die SPD unterstützte den Antrag. Martin Körner sagte, man wolle noch nicht die Anwendung des scharfen Instruments beschließen, sondern nur die Vorbereitung. Ein Kompromiss bleibe möglich. Im bürgerlich-konservativen Lager herrschte Kopfschütteln. „Die EnBW will doch kein Atomkraftwerk im Stöckachviertel bauen“, sagte Alexander Kotz (CDU). Die letzten Meinungsunterschiede zwischen EnBW und Stadt seien nicht unüberbrückbar.