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In einer Kooperation bieten Kfz-Innung, Stadt und Region ein virtuelles Zentrum für Elektromobilität an. Das sei das erste seiner Art in Deutschland, sagen die Initiatoren.

StuttgartAn der Ampel lassen Elektroautos dank ihrer Beschleunigung manch PS-protzendes Fahrzeug stehen. Rekordverdächtig schnell waren auch die Verantwortlichen des Virtuellen Zentrums Elektromobilität. Auf der neuen Internet-Plattform (www.emobil-region-stuttgart.de) präsentierten sie zunächst als Hingucker Produkte örtlicher Autofirmen – neben einem Porsche Taycon glänzte dort zum Auftakt ein AMG-Mercedes-Flügeltürer, beides Boliden, die schon wegen des Kaufpreises im sechsstelligen Bereich kaum als gelungene Beispiele für citytaugliche Alltagsmobilität taugen. Während die Kfz-Innung in Person ihres Obermeisters Torsten Treiber die sportwagenlastige Bildauswahl noch verteidigte („Autofahren hat auch etwas mit Emotion zu tun“), zogen Stadt und Region als Partner des Zentrums offenbar rasch die Reißleine und ließen zumindest den Flügeltürer in wenigen Minuten gegen einen Smart aus dem Hause Daimler austauschen. Der stadttaugliche Kleinwagen ziert seitdem die Titelseite der Anfang April online gegangenen Plattform.

Auch sonst kam die Plattform, auf der Informationen über Elektrofahrzeuge, Werkstätten, Ladeinfrastruktur und Fördermöglichkeiten gesammelt werden, nicht problemlos in die Gänge. Im Dezember 2017 gaben die Partner den Startschuss, Mitte 2018 sollte die Plattform fertig sein. Dass es nun bis zum Frühjahr 2019 dauerte, begründen die Initiatoren mit den Vorarbeiten, die aufwendiger waren als erwartet, aber auch damit, dass die Unterstützung der Autohersteller für diese markenübergreifende Plattform nicht sehr ausgeprägt war. „Wir mussten alles händisch einpflegen“, sagt Christian Reher, Geschäftsführer der Kfz-Innung. Auf der Seite werden die auf dem Markt erhältlichen Elektro-, Hybrid- und Brennstoffzellenautos aufgelistet und mit örtlichen Händlern und Werkstätten verknüpft. Hinzu kommen die öffentlich verfügbaren Ladestationen in der Region Stuttgart auf einer Karte. 100 000 Euro kostet das Projekt. Die Hälfte davon übernimmt der Verband Region Stuttgart, 35 000 Euro die Stadt und 15 000 Euro die Kfz-Innung. Es soll auch nach Ende der Förderphase im kommenden Jahr mindestens bis zum Jahr 2025 weiterbetreiben, monatlich aktualisiert und ausgebaut werden.

„Wir sind die ersten, die eine Plattform in einer solchen Kooperation anbieten“, sagt Michael Münter, Leiter des Referats Strategische Planung und Nachhaltige Mobilität bei der Stadt. Das virtuelle Zentrum sei ein Mosaikstein der städtischen Förderung der E-Mobilität wie das kostenfreie Parken und Ausbau der Ladesäulen. Mit der Plattform wolle man dem steigenden Informationsbedarf bei Bürgern und Unternehmen Rechnung tragen. Schließlich seien elektrische Antriebe „die Antriebsart der Zukunft und ein Beitrag zur Schadstoffsenkung“, gab Münter zu bedenken. Auch die Regionaldirektorin Nicola Schelling betonte, dass die Region Stuttgart der Leitmarkt für Elektromobilität und neue Mobilitätsdienstleistungen werden müsse, wenn sie zukunftsfähig bleiben wolle. „E-Mobilität muss hier alltagstauglich werden“, dazu gehörten hohe Reichweite und Schnelllademöglichkeiten, sagt Schelling, die als Tesla-Fahrerin auf eigene Erfahrungen zurückgreifen kann.

Auf dem harten Boden der Tatsachen argumentierten die Vertreter der Kfz-Innung. Elektrofahrzeuge seien heute lediglich auf Kurzstrecken in der Stadt zu empfehlen, die deutschen Hersteller hätten die Entwicklung verschlafen, sähen darin nur einen Nischenmarkt und wälzten die Kosten für Vorführfahrzeuge und Probefahrten auf den Handel ab, sagte Treiber – und weitete sein Klagelied in eine Suada gegen die Dieselfahrverbote und die städtische Verkehrspolitik aus, was bei Münter schließlich ein gequältes Lächeln auslöste. Der Innungsgeschäftsführer Christian Reher betonte indes, dass die hiesigen Werkstätten genügend gut ausgebildetes Servicepersonal für Elektroautos hätten und er zuversichtlich sei, dass das Angebot an E-Fahrzeugen „rasant wachsen“ werde. „Die deutschen Hersteller sollten halt nicht nur den chinesischen Markt im Blick haben, sondern auch Ballungsräume wie Stuttgart“, sagte er mit Verweis auf die Luftbelastung.