Die Taxifahrerin Monika Neckar im Beratungsgespräch mit der Polizei. Angst habe sie nach den Überfällen auf ihre Kollegen nicht. „Sonst wäre ich im falschen Beruf.“ Foto: Steegmüller Quelle: Unbekannt

Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - In den vergangenen Wochen sind immer häufiger Taxis in das Visier von Kriminellen geraten. Unbekannte brachen entweder geparkte Fahrzeuge auf oder stahlen dem Fahrer die Geldbörse. Die Polizei hat reagiert und gestern am Bahnhof Bad Cannstatt Taxifahrer auf mögliche Gefahren hingewiesen. Außerdem wurden von Beamten des Referats Prävention Flugblätter verteilt, die Tipps gegeben, wie man sich vor Übergriffen besser schützen kann.

Der letzte Vorfall ereignete sich am Donnerstagabend in Heslach: Unbekannte schlugen in der Möhringer Straße eine Seitenscheibe eines Taxis ein und stahlen ein auf der Mittelkonsole liegendes Mobiltelefon im Wert von rund 180 Euro. Gelegenheit macht Diebe, doch auch wenn keine Wertsachen im Fahrzeuginneren zu erkennen sind, brechen die Täter immer öfter Taxis auf. „Früher wurde das Wechselgeld häufig im Handschuhfach aufbewahrt“, sagt Murat Arslan, der Vorsitzende der Taxi-Auto-Zentrale Stuttgart (TAZ). Diese Zeiten seien jedoch längst vorbei. Heutzutage gebe es in einem abgestellten Fahrzeug eigentlich nichts zu holen. „Viele Kunden zahlen mit Kreditkarte, Krankenfahrten laufen über die Kasse und Firmen wie Daimler und die Deutsche Bahn bezahlen ebenfalls per Rechnung für ihre Angestellten.“

Und dennoch haben sich in den vergangenen Wochen die Fallzahlen gehäuft, selbst der TAZ-Chef ist schon unter den Opfern gewesen. An einem seiner Fahrzeuge wurde die hintere Seitenscheibe eingeschlagen und anschließend der Innenraum durchsucht. Der Schaden: rund 400 Euro. Beute machten die Täter nicht.

Erfolgreicher waren Unbekannte bei seinem Onkel, einem 64 Jahre alten Taxifahrer. Sein Wagen wurde jedoch nicht aufgebrochen, stattdessen wurde er am vergangenen Mittwoch von einem Fahrgast zunächst abgelenkt und dann bestohlen. Auf der Fahrt von der Innenstadt in den Stuttgarter Osten bat der Mann, der auf circa 22 Jahre geschätzt wird, den 64-Jährigen um einen kurzen Zwischenstopp in der Urbanstraße. Er müsse kurz Geld holen, so die Begründung. Wie sich wenig später herausstellte, nur ein Vorwand: Unmittelbar nach dem Aussteigen kehrte er zum Auto zurück und bat den „Taxler“, um einen Stift und einen Zettel. Auch diesen Wunsch erfüllte er seinem Fahrgast, der den Block jedoch nicht entgegennahm, sondern in den Fußraum fallen ließ. Ein Ablenkungsmanöver.

Als der Taxifahrer sich nach unten bückte, schnappte sich der Mann dessen Geldbeutel und flüchtete. Sofort nahm er die Verfolgung auf, doch der Täter war altersbedingt deutlich im Vorteil und konnte sich schnell entfernen. Murat Arslan vermutet, dass sich der Täter seinen Onkel ganz bewusst ausgewählt hat. „Die Diebe suchen sich in erster Linie ältere Opfer aus, die nicht mehr so gut zu Fuß sind.“

Der 64-Jährige ist kein Einzelfall, in den vergangenen Wochen gingen zahlreiche Anzeigen bei der Polizei ein. Die Vorgehensweise der Trickdiebe ist dabei immer ähnlich: Mal wird eine Zigarette im Fahrzeug fallen gelassen, mal täuscht ein Fahrgast Übelkeit vor. Das Ziel ist, den Taxifahrer kurz abzulenken, um sich dann das Wechselgeld zu schnappen. Um die Täter zu stoppen, wurden im Polizeipräsidium Stuttgart die Ermittlungen intensiviert. Weitere Details wollte Polizeisprecher Stephan Widmann nicht bekanntgeben. Parallel zur Fahndung sollen Beamte des Referats Prävention den Dieben die Arbeit erschweren. Dazu sprechen sie gezielt Taxifahrer an und weisen sie auf die Gefahren hin. Ihr wichtigster Tipp: Den Geldbeutel nie sichtbar im Fahrzeug ablegen, also nicht auf dem Armaturenbrett, der Mittelkonsole oder in den Fächern der Tür. Darüber hinaus solle man nur das notwendige Wechselgeld im Portemonnaie aufbewahren. Die Polizei empfiehlt, höhere Bargeldbeträge „sicher und verschlossen am Körper zu tragen“. In abgestellten Fahrzeugen sollte man grundsätzlich keine Wertsachen lassen. „Ein Taxi ist kein Tresor.“

Arslan rät indes allen Kollegen grundsätzlich davon ab, eigeninitiativ zu handeln. Man wisse nie, ob der Täter nicht doch plötzlich ein Messer zückt. „Wegen 50 oder 100 Euro sollte man sein Leben nicht aufs Spiel setzen.“