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Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - Anfang Mai wurde der dritte Entwurf des Luftreinhalteplans von Verkehrsminister Winfried Hermann und Regierungspräsident Wolfgang Reimer vorgestellt. So richtig zufrieden stellt das Papier nur die wenigsten. Am Donnerstag will sich der Gemeinderat positionieren. Es ist absehbar, dass vor allem das geplante Fahrverbot mehrheitlich auf Ablehnung stoßen wird. Aber auch sonst gibt es Änderungswünsche.

Schon vor knapp zwei Monaten waren vielen Stadträten die Formulierungen zu schwammig. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Martin Körner zeigte sich damals sogar vom Maßnahmenpaket enttäuscht. „Die dünnen Worte des Verkehrsministers zur konkreten Ausgestaltung des geplanten Fahrverbots sind ein weiterer Beleg dafür, dass der Vorschlag unausgegoren ist.“ Sinnvoll sei ein Fahrverbot nur in der fest etablierten Umweltzone, mit einer erkennbaren und damit kontrollierbaren Plakette. „Auf Biegen und Brechen ein nicht praktikables, geschweige denn kontrollierbares Fahrverbot auszusprechen, ist der falsche Weg“, so Körner.

Auch die Christdemokraten üben Kritik an dem Entwurf. Schon im kommenden Jahr auf die blaue Plakette zu hoffen, sei unrealistisch, alle anderen Möglichkeiten ein Fahrverbot umzusetzen, seien unverhältnismäßig. „Daher lehnen wir sie ab“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Alexander Kotz. Ähnlich werden das wohl auch die FDP, die Freien Wähler und die AfD sehen, also die klare Mehrheit im Gemeinderat. Mit ihrer Haltung sind die Stadträte nicht alleine. Zuletzt wandten sich am vergangenen Donnerstag elf Wirtschaftsverbände - unter anderem die Handwerkskammer, die Dehoga, die City-Initiative Stuttgart und die Industrie- und Handelskammer - in einer gemeinsamen Pressemitteilung gegen ein Fahrverbot. Die verkehrlichen Beschränkungen in Stuttgart seien teilweise unzumutbar.

„Die Versäumnisse bei Emissionsreduzierung dürfen Betriebe nicht belasten. Darüber hinaus sind sie aber vor allem ungeeignet, die Emissionen in der Landeshauptstadt dauerhaft zu reduzieren und die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt wesentlich zu verbessern“, heißt es in der fünfseitigen Stellungnahme. Fahrverbote und weitere Verkehrsbeschränkungen allein seien keine Lösung und griffen viel zu kurz.

Zweifel am Luftreinhalteplan kommen auch von anderer Stelle: Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) und das Klima- und Umweltbündnis Stuttgart (KUS) halten ihn für rechtlich nicht abgesichert und für nicht wirksam. Sie glauben nicht daran, dass die seit zwölf Jahren geltenden Grenzwerte mit dem angedachten Fahrverbot eingehalten werden können. Sie schlagen vor, mit Pförtnerampeln den Verkehrsfluss auf den Straßen deutlich zu reduzieren. Außerdem müsse der öffentliche Personennahverkehr ausgebaut und der Radverkehr massiv gestärkt werden. Geplante Straßenbaumaßnahmen seien abzulehnen. Auf einer Wellenlänge mit der CDU-Gemeinderatsfraktion liegen die beiden Umweltverbände damit definitiv nicht. Aus Sicht von Kotz müsse beispielsweise Tempo 40 an Steigungsstrecken überprüft und gegebenenfalls gestrichen werden. Außerdem fordert er, dass sowohl der Bau des Ostheimer Tunnels als auch der Abriss der Friedrichswahl als Maßnahme in den Luftreinhalteplan aufgenommen werden. Auch der Nord-Ost-Ring und die Filderauffahrt müsse aufgenommen werden.

Wie der dritte Entwurf des Luftreinhalteplans, der am 31. August in Kraft tritt, verändert wird, entscheidet jedoch letztlich das Land. Mehr als 110 Stellungnahmen sind beim Regierungspräsidium eingegangen, der Großteil davon von Privatpersonen. Sie konnten ihre Vorschläge bis vergangenen Freitag einreichen, der Stadt Stuttgart wurde wegen festgelegten Ratsterminen eine Fristverlängerung eingeräumt.