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Innenminister Thomas Strobl (CDU) sind die Wettfahrten auf den Straßen ein Dorn im Auge, da von Rasern eine hohe Gefahr ausgeht. Die Polizei erhöht im Land den Kontrolldruck.

StuttgartFast jeder Autofahrer, der wüst überholt oder von Rasern geschnitten wurde, hat auf der Autobahn schon mal vermutet: „Die liefern sich hier doch ein Rennen!“ Manchmal stimmt diese Vermutung, und manchmal gelingt es der Polizei, das nachzuweisen. So geschehen vor einer Woche auf der Autobahn 8 zwischen Kirchheim-Ost und dem Aichelberg: Die Polizei schnappte gleich zwölf Fahrer mit „hochmotorisierten“ Autos, die das gerade Stück vor dem Albaufstieg als Rennstrecke benutzten. Dafür hatten offenbar deren Bekannte den Verkehr ausgebremst, um eine freie Strecke zu haben. Das hat die Diskussion über illegale Autorennen angeheizt. Für die Polizei sind sie ein Problem, weil die selbst ernannten Rennfahrer sich und andere in Gefahr bringen. Sie sind aber kein Massenphänomen.

Führerschein weg, 1500 Euro Strafe

Es hat am letzten Sonntag im September auf der A 8 alles gepasst für die zwölf Raser aus Österreich: das schöne Wetter, der nette Ausflug in die Region Stuttgart, wo gerade Wasenstimmung herrscht, und die Pferdestärken unter der Motorhaube ohnehin. Da wollte man auf dem Heimweg noch mal so richtig aufdrehen. Für die Polizei deutet alles darauf hin, dass die Herren im Alter von 40 bis 67 Jahren das Rennen geplant hatten: Die Strecke bei Kirchheim ist gerade, und auf dem ausgewählten Stück sind keine Einfahrten, sodass nicht plötzlich ein langsamerer Wagen auf die zur Rennstrecke erkorene Autobahn einbiegen kann. Zwei Fahrer seien zurückgeblieben, um den nachfolgenden Verkehr auszubremsen. Die übrigen zehn warteten davor, bis die Autos vor ihnen weit genug weg waren – so lange mussten die Bremser das verbotene Manöver fahren. Dann heulten die Motoren auf, der gefährliche „Spaß“ begann – und die Polizei machte den Herren einen Strich durch die Rechnung. Sie fing nach Zeugenhinweisen alle zwölf Fahrer ab. Deren Führerscheine wurden beschlagnahmt, sie mussten eine Sicherheitsleistung von je 1500 Euro zahlen.

„Das kann kein spontaner Entschluss gewesen sein. Das wirkte sehr geplant“, sagt Polizeisprecher Uwe Krause. Im Bereich der Ulmer Polizei sei dies der erste Fall gewesen, seit die Gesetzeslage sich geändert hat: Denn seit Herbst 2017 sind Autorennen eine Straftat, was zur Folge hat, dass sogar Haftstrafen möglich sind. Ob diese neue Strafbewehrung Wirkung zeitigt, wird man wohl erst in einem Jahr sagen können, so das Innenministerium des Landes. Denn als Straftatbestand wird ein Rennen in die Kriminalstatistik einfließen, nicht mehr wie bisher in die Bilanz der Bußgelder.

Letztere weist für die zurückliegenden fünf Jahre einen deutlichen Rückgang aus: 2013 und 2015 sind je 28 Bußgelder wegen illegaler Autorennen verhängt worden, 2014 war ein Ausreißer nach oben mit 39 Fällen. 2016 mussten 19 Raser ein Bußgeld zahlen, 2017 waren es lediglich fünf. Auf die Gesetzesänderung könne man den Rückgang wohl noch nicht zurückführen, da diese erst Mitte Oktober 2017 gegriffen habe. „Aber vielleicht haben auch die Ankündigung und die Diskussion darüber schon etwas bewirkt“, sagt ein Ministeriumssprecher.

Ein Schwerpunkt ist im Land nach wie vor die A 81 kurz vor der Schweizer Grenze. Zwischen Geisingen und Bietingen, dem letzten Ort vor dem Schlagbaum, seien 2018 bis Mitte September 15 „Rennsituationen“ gemeldet worden, sagt der Sprecher des zuständigen Polizeipräsidiums Konstanz. Zwei konnten nachgewiesen werden. Bestätigen ließen sich Rennen nur, wenn man eindeutige Zeugenaussagen habe. Ein Trend sei schon festzustellen seit der Gesetzesänderung: Die Zahl der Meldungen durch Verkehrsteilnehmer, die verdächtige Fahrmanöver sehen, sei gestiegen, sagt der Polizeisprecher – das sei eine gute Entwicklung.

Verschärfte Überwachung

Innenminister Strobl macht klar, was er von der Sache hält: „Unerlaubte Autorennen sind uns ein Dorn im Auge. Wir finden das überhaupt nicht lustig. Diesbezüglich sind wir definitiv spaßbefreit“, sagt er auf Anfrage unserer Zeitung. Rasen sei eine Hauptunfallursache. Die Polizei müsse diese mit hohem Kontrolldruck unterbinden. „Den Verfolgungsdruck erhöhen wir auch durch den verstärkten Einsatz von Hochtechnologie, etwa durch in Fahrzeugen verbaute Videotechnik oder durch den Einsatz eines Enforcement-Trailers, eines mobilen Geschwindigkeitsmessanhängers“, so Strobl weiter. Damit sollen auch Autorennen im Vorfeld unterbunden werden. Der Anhänger wird noch dieses Jahr angeschafft und an den Autobahnen eingesetzt werden.

Ein Beispiel für die verschärfte Überwachung ist der Abschnitt vor der Schweizer Grenze, auf dem für beide Richtungen seit März 2018 eine Begrenzung von Tempo 130 gilt. Das Limit ist laut dem Ministerium ein Baustein im Kampf gegen Rennen. In der Region Stuttgart war das Kirchheimer Rennen im Gebiet der Ulmer Autobahnpolizei in diesem Jahr das einzige bestätigte. Im Bereich der Autobahnpolizei Ludwigsburg gab es mehrere Verdachtsfälle.

Sanktionen und Maßnahmen

Gesetz: Am 13. Oktober 2017 ist Paragraf 315 des Strafgesetzbuches in Kraft getreten. Er wurde neu eingefügt. Demnach können illegale Autorennen mit Haftstrafen von bis zu zwei Jahren geahndet werden. Der Gedanke dahinter: Zum einen schmerzt ein Bußgeld einen Autobesitzer, der sich eine PS-starke Karosse leisten kann, nur wenig. Zum anderen nehmen die Initiatoren der Rennen in Kauf, andere Verkehrsteilnehmer zu gefährden.

Strecke: Die PS-Protze, die Autobahnen mit Rennstrecken verwechseln, suchen sich meist kurze gerade Stücke ohne Auffahrten aus. Beliebt sind offenbar Rennen über die Distanz einer Viertelmeile, etwa 400 Meter. Gefährlich ist nicht nur das Rasen – nicht zuletzt auch für die Rennteilnehmer –, sondern auch bereits die Vorbereitung: Mehrere Helfer bremsen den nachfolgenden Verkehr aus, damit die illegalen Rennteilnehmer eine freie Strecke haben.

Kampagne: Auf der Strecke auf der Autobahn A 81 kurz vor der Schweizer Grenze setzt das Land auf ein Tempolimit, einen erhöhten Kontrolldruck – und auf die Unterstützung durch Verkehrsteilnehmer: Auf unten stehender Internetseite des Landesverkehrsministeriums steht, wie man als Zeuge schon die Vorbereitung eines Autorennens erkennt und was man melden sollte.

www.illegale-autorennen.de