Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, gibt ein Interview im Staatsministerium. Foto: dpa

Wegen der Diesel-Fahrverbote knirscht es heftig in der grün-schwarzen Koalition. Was macht die CDU, wenn Fahrverbote auch für Euro-5-Diesel kommen sollten?

Stuttgart (dpa/lsw) Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) setzt trotz des umstrittenen Themas Diesel-Fahrverbote auf den Fortbestand seiner grün-schwarzen Koalition. Er glaube nicht, dass die CDU das Bündnis deswegen infrage stellen werde, sagte Kretschmann der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. «Die Alternative wäre, dass die Koalition zerbricht und es eine neue Regierung gibt. Aber die müsste sich ja auch an das Recht halten», sagte der Regierungschef. «Was wäre damit gewonnen?»

Stuttgart ist die erste deutsche Stadt, in der es seit dem Jahresbeginn großflächige Diesel-Fahrverbote gibt. Gerichte hatten das Land dazu gezwungen. Wenn die Luft nicht deutlich besser wird, könnten auch Fahrverbote für Diesel-Autos der Euronorm 5 kommen. CDU-Vizeregierungschef Thomas Strobl hatte aber jüngst erklärt: «Es wird keine flächendeckenden Euro-5-Fahrverbote mit uns geben.»

Trotz dieser Aussage geht Kretschmann davon aus, dass sich auch die CDU an Gesetze und Urteile halten wird. «Die CDU ist genauso wie wir eine Rechtsstaatspartei», sagte er. «Die Luft wird ja besser. Wenn es überhaupt zu Fahrverboten für Euro-5-Diesel in Stuttgart kommt, dann nicht in großem Ausmaß, das kann ich zusagen.»

Kretschmanns grün-schwarze Regierung ist seit 2016 im Amt. Sie ist bis 2021 gewählt. Wegen der Diesel-Fahrverbote und der Luftreinhaltung in Stuttgart hatte es am Dienstag ein Krisentreffen der Koalitionäre gegeben. Dabei pochte die CDU darauf, dass die Maßnahmen zur Luftreinhaltung entschiedener vorangetrieben werden.

«Der Teufel steckt immer im Detail. Es geht nie alles so schnell, wie man will», sagte Kretschmann dazu. «Aber das Gras wächst nicht schneller, indem man daran zieht.» Auf Drängen der CDU werden in Stuttgart nun mehr Messstellen aufgestellt, um die Belastung mit Stickoxiden genauer zu erfassen.

Jeden Samstag gehen in der Landeshauptstadt Menschen gegen die Diesel-Fahrverbote auf die Straße. Dabei richtet sich der Ärger auch gegen die Grünen - zu Unrecht, wie Kretschmann meint. «Die Stickoxid-Grenzwerte werden in der EU festgelegt und wurden 2010 von der damaligen CDU/CSU/FDP-Regierung im Bund in bundesdeutsches Recht gegossen.» Letztlich hätten Gerichte dem Land die Fahrverbote auferlegt. «Wir müssen dazu die Luftreinhaltepläne machen.» Er verstehe, dass es draußen bei den Bürgern schlechte Stimmung gebe. «Natürlich stresst das eine Regierung», sagte Kretschmann.

In Stuttgart ist die Luft zwar sauberer geworden. Aber im vergangenen Jahr wurde an der Messstelle am Stuttgarter Neckartor ein Wert von 71 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft registriert - die höchste registrierte Belastung in Deutschland. Erlaubt ist ein Jahresmittelwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter. Eine grün-schwarze Arbeitsgruppe unter Federführung des Staatsministeriums soll nun die konkrete Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen zur Luftreinhaltung vorantreiben.