Zwischen Neuem Schloss und Königsbau könnte es in naher Zukunft enger zugehen. Foto: Leif Piechowski/Lichtgut - Leif Piechowski/Lichtgut

Die Summe von geplanten Neu- und Umbauten an zentralen Stellen der City wie Marktplatz, Königstraße, Schlossplatz und Königsbau bereitet Händlern große Sorgen.

StuttgartDie Bürger der Stadt haben sich seit dem ersten Baggerbiss für S 21 mit den Unannehmlichkeiten, die Baustellen mit sich bringen, arrangiert. Der eine besser, der andere weniger gut. Von daher schreckt die Nachricht von einer weiteren Baustelle kaum noch. Doch die Kunde von dem drohenden Bau-Boom, den die Innenstadt in den kommenden Jahren erfassen wird, sorgt für Unruhe. Es geht um geplante Neu- und Umbauten an zentralen Stellen der City wie Marktplatz, Königstraße, Schlossplatz und Königsbau. Schon jetzt leiden Gastronomie, die Kultur, der Tourismus und der Handel unter dem Status quo: Baulärm, Staub, Baufahrzeuge, Umleitungen und Stau. Dieses Bild hat sich in vielen Köpfen der Menschen in der Region Stuttgart manifestiert.

Kein Wunder also, dass schon jetzt Händler und Funktionäre Alarm schlagen. Zu ihnen gehört auch Citymanager Sven Hahn. „Der Innenstadt steht eine Flut von Baustellen bevor, wie wir es sehr lange Zeit nicht erlebt haben“, sagt er: „Denken Sie dabei nur an das Projekt Königstraße 1 bis 3, den Umbau des Marktplatzes, die vielen privaten Projekte entlang der Königstraße oder die Pläne für die Opernsanierung, das Areal rund um die ehemalige Bahndirektion an der Heilbronner Straße 7 oder die Pläne für das Neue Schloss unter dem Titel Bürgerschloss, um nur ein paar der großen Baustellen zu erwähnen.“

Operation am Herzen

Gerade am Schlossplatz, dem Herzen der Stadt, stehen zwei Eingriffe bevor, wie ein Sprecher des Immobilienmanagements Vermögen und Bau Baden-Württemberg bestätigt: „Eine Studie des Berliner Architekturbüros Sting sieht eine Sanierung, Neustrukturierung und technische Erneuerung des Mitteltrakts des Neuen Schlosses vor.“ Wie die Dinge liegen, muss dafür auch der Schlossplatz auf Höhe der Königstraße aufgerissen werden. „Derzeit laufen Abstimmungen und Prüfungen verschiedener Nutzungs- und Sanierungsvarianten“, sagt der Sprecher. Die Bauzeit dürfte mehrere Jahre dauern. Derzeit seien „keine belastbaren Angaben zu weiteren genauen Zeitplänen für die Sanierung zu machen“, so der Sprecher des Landes.

Gleiches gilt für den Königsbau: „Kurzfristig sind keine baulichen Maßnahmen in größerem Umfang geplant. Allerdings ist klar, dass ein historisches Gebäude wie der Königsbau einem regulären Alterungsprozess unterliegt. Das bedeutet, dass mittelfristig ein Sanierungsbedarf entstehen wird, der über den normalen Bauunterhalt geht.“ Angeblich sinnieren manche Händler schon jetzt darüber, in Containern interimsweise während einer Bauphase ihre Waren weiterzuverkaufen.

Nicht zuletzt deshalb mahnt der Citymanager: „Wir müssen dringend dafür sorgen, dass die Innenstadt während der kommenden Baustellen ein Ort bleibt, an dem sich die Menschen trotzdem gerne aufhalten. Sonst wird diese Zeit für Händler, Gastronomen, Kulturbetriebe und Dienstleister zu einem unüberwindlichen Problem. Deswegen sind Planung, Logistik und die zeitliche Taktung der geplanten Projekte extrem wichtig. Dazu bin ich mit der Verwaltung in gutem Austausch.“

Attraktivität der City bedroht

Ähnlich warnt Sabine Hagmann vom Handelsverband: Diese Vielzahl der Baustellen „erfordert eine gute Orchestrierung der Stadtverwaltung“. Im schlimmsten Fall rechnet sie sonst mit Geschäftsaufgaben. „So etwas betrifft immer die Kleineren“, sagt Hagmann, „und gerade die sind doch das Salz in der Suppe.“ Am Ende meint sie: „Stadt – das sind wir doch alle.“

Just in dieser Woche hat Hagmann die Umfrageergebnisse ihres Verbandes unter Händlern und Konsumenten zur gegenwärtigen Stimmungslage präsentiert. Das Ergebnis: Erreichbarkeit der Stadt, die Attraktivität und Aufenthaltsqualität sind derzeit die entscheidenden Themen. Daher ist die „Baustellenflut“ aus Sicht von Hahn und Hagmann eine Bedrohung für die Attraktivität der City.

Das Ganze unterlegt Handelsverbandspräsident Hermann Hutter mit Zahlen: Früher sei ein Konsument im Schnitt 242 mal pro Jahr in die Stadt gekommen, heute sei der Wert auf 213 gesunken. „Dazu muss man wissen“, sagt Hutter, „70 Prozent aller Einkäufe sind Impulskäufe. Das heißt: Ich muss da sein, um zu kaufen.“ Nun aber, so fürchten die Handelsexperten, könnte der Impuls, in die Stadt zu fahren, weiter sinken.

Damit das Schlimmste verhindert werden kann, verspricht der Sprecher des Immobilienmanagements Vermögen und Bau Baden-Württemberg: „Im Sinne einer vorausschauenden Planung gibt es Überlegungen der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung, wie eine solche Sanierung unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten durchgeführt werden könnte.“ Darüber hinaus sagt Hutter: „Selbstverständlich werden größere bauliche Maßnahmen in der Innenstadt von Stuttgart, die in der Zuständigkeit der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg liegen, so weit als möglich abgestimmt. Wo immer das machbar ist, werden Bauvorhaben zeitlich entzerrt, um Handel, Kundschaft und Passantinnen und Passanten nicht über das notwendige Maß hinaus zu beeinträchtigen.“