Hotel Silber. Foto: Symbolbild dpa - dpa

Hier wurde die Deportation von Juden und Homosexuellen organisiert. Hier wurden Menschen verhört, gefoltert, ermordet. Stuttgart hat einen neuen Lern- und Gedenkort: das «Hotel Silber».

Stuttgart (dpa/lsw) Franz Hirth ist zehn Jahre alt, als seine Eltern am 13. November 1939 verhaftet und zum Verhör der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) der Nazis nach Stuttgart gebracht werden. Fünf Tage vorher scheitert das Attentat seines Onkels Georg Elser auf Adolf Hitler in München. Stundenlang sitzt er hier beim Pförtner und wartet. Er wird bis zum Abend vergessen. Dies sei die Stelle, erinnert sich Franz Hirth später, an der er von seinem Vater getrennt wurde, ohne Abschied nehmen zu können. Sein Porträt ziert die Pförtnerloge im Gebäude Dorotheenstraße 10, das von nächster Woche an ein Ort politisch-historischer Bildung mitten in Stuttgart ist.

Heute könnten auch Klamotten feilgeboten werden. 2008 noch gibt es Pläne, das geschichtsträchtige Gebäude abzureißen und Platz zu schaffen für ein gigantisches Einkaufszentrum. Eine Bürgerinitiative macht mobil. Der Regierungswechsel 2011 nach 60 Jahren CDU hin zu Grün-Rot bringt schließlich den Wandel. Die Geschichte des «Hotel Silber» genannten Hauses und der Gestapo in Stuttgart wird erforscht.

Das Haus ist ein Relikt aus Stuttgarts dunkelster Geschichte: Hier organisierten die Nazis die Deportation von Juden und Homosexuellen. Im Keller wurden Menschen verhört, gefoltert, ermordet. Hier wurden Verfolgung, Unterdrückung und Verschleppung organisiert. Vom Schreibtisch aus. Durch eine Bürostruktur wird der Besucher durch die Ausstellung geführt, erfährt viel über die Täter. Originaldokumente verdeutlichen, wie hier die Fäden der Ermittlungen etwa gegen Hans Scholl, den Widerstandskämpfer der «Weißen Rose», zusammenliefen - oder eben gegen Franz Hirths Onkel Georg Elser.

Einzigartig in Deutschland ist nach Angaben des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg, dass dieses Gebäude aus dem 19. Jahrhundert von 1928 bis 1984 ununterbrochen von der Polizei genutzt wurde: auf dem Weg in die Diktatur, als Stütze der Nazis und in der frühen Bundesrepublik. Die Ausstellung dokumentiere anhand der Geschichte der Polizei, dass die Nazis 1933 nicht vom Himmel gefallen sind, wie Museumsdirektor Thomas Schnabel sagt. «Und, dass sie 1945 nicht in die Hölle gefahren sind.»

Vom Bahnhof Stuttgart ist es etwa eine Viertelstunde zu Fuß zum Hotel Silber in der Dorotheenstraße 10, das sich in der Nähe des Charlottenplatzes befindet.