Das Neugeborene im Brutkasten spürt über das blaue Kissen, auf dem es liegt, Herzschlag und Atembewegung der Mutter. Foto: Babybe Quelle: Unbekannt

Von Janey Olbort

Stuttgart - In Deutschland werden pro Jahr mehr als 60 000 Frühchen geboren. Um die Entwicklung dieser Babys im Brutkasten zu unterstützen, hat ein Stuttgarter Start-Up-Unternehmen ein spezielles Kissen entwickelt, über das Herzschlag, Atmung und Stimme der Eltern übertragen werden.

Unter einem Frühchen versteht man ein Kind, das vor der Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche auf die Welt kommt. Die Babys werden anschließend zum Teil wochenlang in Brutkästen versorgt. Dabei fehlt dem Neugeborenen oft die Nähe der Eltern, insbesondere außerhalb der Besuchszeiten. Um das zu ändern, haben Camilo Anabalon Alamos und Raphael Lang ein Kissen namens Babybe entwickelt, über das Herzschlag, Atemrhythmus und die Körperwärme eines Elternteils in den Brutkasten übertragen werden.„Durch Babybe soll die Entwicklung des Frühchens verbessert werden“, sagt Raphael Lang. Der 34-Jährige hat seinen Geschäftspartner Camilo Anabalon Alamos (35) während des Studiums an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart kennengelernt und sich gemeinsam mit ihm an die Entwicklung des blauen Kissens gemacht.

Die Idee kam den beiden während ihres Studiums: Das Kind eines Kommilitonen hatte einen Herzfehler und wurde deshalb im Olgahospital behandelt. Deshalb wollten die beiden ein Medizinprodukt entwickeln, das dem Kind helfen könnte - die Idee zu Babybe war geboren. Das war vor etwa fünf Jahren. Wie die Idee ist auch das Start-Up-Unternehmen im Laufe der Jahre gewachsen.

Den ersten Prototyp haben Anabalon Alamos und Lang im Stuttgarter Olgäle getestet. „Die Ärzte waren begeistert und fanden unser Projekt spannend“, sagt Lang. „Damals war das Kissen noch aus Pappe“, erinnert sich Matthias Vochem, Ärtzlicher Direktor an der Neugeborenen-Station des Olgäle. Er und seine Mitarbeiter haben die beiden jungen Erfinder bei der Entwicklung von Babybe „tatkräftig unterstützt“. Beispielsweise wenn es um Hilfe bei Zertifizierungen, medizinisches Fachwissen oder das Übersetzen der Gebrauchsanweisung von Englisch in Deutsch ging.

„Wir haben das Produkt mit viel Elan voran gebracht“, sagt Lang. Und das trotz einiger Hürden: 2012 erschien es laut Lang „noch als Ding der Unmöglichkeit, sich mit Babybe selbstständig zu machen“. Heute sind Geldgeber gefunden - seit 2015 der VC Fonds BW als Risikokapitalfonds des Landes Baden Württemberg und die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft - außerdem ist das Produkt zertifiziert.

Im Jahr 2014 wurde die erste Pilotstudie auf einer Frühchen-Station in einem Krankenhaus in Santiago de Chile durchgeführt, es folgte eine weitere Testreihe in den Niederlanden. Heute wird das Medizinprodukt im Rahmen einer größer angelegten Studie in mehr als zehn europäischen Kliniken getestet. „Mit rund 200 Kindern eine der größten Studien, die je mit Säuglingen gemacht wurde“, sagt Lang. Die Ergebnisse werden wohl im Sommer nächsten Jahres vorliegen.