Überall im Verbundgebiet werden derzeit die Preise für Fahrkarten für den Nahverkehr diskutiert. Foto: dpa - dpa

Vermutlich wird es in Stuttgart vom Jahr 2019 an eine Art Stuttgarter Stadtticket geben. Im Mittelpunkt einer derzeit erörterten Tarifreform stünde die Reduzierung der Tarifzonen, was sich preisreduzierend auf alle Ticketarten in Stuttgart auswirken könnte.

StuttgartDer Vorstoß aus Ludwigsburg für ein auf 1,50 Euro verbilligtes Einzelticket für das Stadtgebiet im Verkehrsverbund (VVS) weckt Begehrlichkeiten. In Stuttgart winken die Verantwortlichen aber ab, für die Tarife in der Landeshauptstadt gibt es Modelle für eine sehr grundsätzliche Tarifreform.

Ist das geplante Stadtticket in Ludwigsburg eine Blaupause auch für Stuttgart?

Nein, zumindest nicht in dieser Form. Der VVS hat Ludwigsburg statt des 1,50-Euro-Fahrscheins ein Tagesticket für drei Euro vorgeschlagen. Die Kommune müsste dem Verbund dafür pro Jahr 650 000 Euro als Ausgleich zuschießen. Das betreffe Stuttgart nicht, ließ Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) am Donnerstag mitteilen. Die Idee habe nichts zu tun mit der Tarifreform, die Stuttgart für den öffentlichen Nahverkehr anstrebt.

Welchen Weg verfolgt die Landeshauptstadt?

Sie hat bereits neun Millionen Euro pro Jahr für eine Tarifreform für den VVS von 2019 an reserviert. SPD-Fraktionschef Martin Körner spricht davon, dass es womöglich 15 Millionen Euro sein müssten. Mit dem Geld sollen die bisher zwei Zonen in Stuttgart (10 und 20) zu einer einzigen Zone zusammengefasst werden. Der Preis der Einzelfahrt soll sich, so der überwiegende Wille im Gemeinderat, mehr am Ticketpreis einer Zone (2,50, Handy 2,37 Euro) orientieren statt am Preis für zwei Zonen (2,90/2,75 Euro). Insofern wird es vermutlich vom Jahr 2019 an zumindest vom räumlichen Geltungsbereich her eine Art Stuttgarter Stadtticket geben, aber nicht wie für Ludwigsburg angedacht ein Tagesticket für drei Euro. Die Reduzierung der Tarifzonen würde sich preisreduzierend auf alle Ticketarten in Stuttgart auswirken.

Was bedeutet der Stuttgarter Vorstoß für die Preise im Verbund?

Alle VVS-Partner diskutieren eine wesentliche Vereinfachung des heutigen Modells auf eine einfache Ringstruktur mit nur noch wenigen Zonen. Für eine so grundlegende Reform mit dem Ziel günstigerer Fahrpreise für alle Nutzer, also auch die Pendler nicht nur in, sondern auch nach Stuttgart, müssten alle VVS-Partner in Summe 40 Millionen Euro aufbringen, und zwar aus Steuermitteln durch eine erhöhte Umlage. Das Land könnte einen Zuschuss geben, die SPD in Stuttgart fordert dauerhaft zehn Millionen Euro vom Land.

Wie geht es in Stuttgart mit dem Tagesticket weiter?

In der Landeshauptstadt gibt es auch ein Tagesticket für zwei Zonen. Es soll bei nur einer Zone bleiben. Während der Feinstaubalarmsaison, die bis 15. April dauert, bezahlt man im Moment für ein verbilligtes Tagesticket für bis zu zwei Zonen 4,80 Euro (Handy: 4,50). Die VVS-Verantwortlichen haben die Fortführung als Dauerangebot auf dem Schirm. Der Preis ist aber noch ungewiss. Dazu, sagte VVS-Geschäftsführer Horst Stammler, könne und wolle er sich momentan nicht äußern. Der VVS strebe aber an, das Tagesticket auch in Stuttgart „als günstiges Einstiegsangebot für den Gelegenheitsverkehr“ zu positionieren. In Stuttgart als der größten Stadt im VVS-Gebiet wolle man den Wunsch der Stadt nach einem günstigeren Angebot nicht als Insellösung, sondern „eingebettet in das VVS-Tarifzonengeflecht“.

Wie kam es überhaupt zu dem VVS-Vorschlag für Ludwigsburg?

Der Verbund hat damit auf die Entwicklung reagiert, dass weitere Kommunen ein Stadtticket anstreben. In 15 Städten gebe es bereits etwas Derartiges, sagte VVS-Chef Stammler, zumeist aber Tickets für eine Hin- und Rückfahrt im Stadtgebiet. Weitere Wünsche seien aus Ludwigsburg, Esslingen und Plochingen gekommen. In Esslingen will Finanzbürgermeister Ingo Rust (SPD) vom VVS den finanziellen Aufwand für die Übertragung des Ludwigsburger Modells benannt haben. Er gibt zu bedenken, dass eine reine Verbilligung nicht der Weg allein für mehr Nutzer sein könne. Man brauche auch die entsprechende Infrastruktur, also mehr Busse und engere Takte. In Herrenberg gibt es seit 2015 ermäßigte Fahrscheine (1,80 statt 2,50 Euro, Viererticket kosten sieben statt 9,50 Euro). Die Kommune zahlt als Ausgleich 40 500 Euro an den VVS. In Eislingen (Kreis Göppingen), das nicht zum Verbund zählt, gibt es das Ein-Euro-Ticket

Wie passt die von den Grünen propagierte Nahverkehrsabgabe ins System?

Mit dem Vorschlag, Autofahrern nach und in Stuttgart 365 Euro abzuverlangen und ihnen dafür ein stadtweit gültiges Jahresticket zu geben, soll laut Grünen Geld für den Nahverkehrs-Ausbau erlöst werden. Damit würde neben Steuermitteln und Nutzerfinanzierung eine dritte Finanzierungssäule eingeführt werden. Das Land will die finanziellen Effekte in einem Gutachten berechnen lassen, die CDU sperrt sich.