Die Deutsche Telekom hat seit Ende Mai in der Region rund 500 Kilometer moderne Leitungen verlegt. Foto: dpa - dpa

Die Gigabit-Region, eine Initiative für den Ausbau des Glasfasernetzes in Stuttgart und den fünf Nachbarkreisen, bescheinigt sich nach gut sechs Monaten erste Erfolge.

StuttgartEnde Mai war mit großem Tamtam und im Beisein von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) der Kooperationsvertrag zwischen der Gigabit-Region Stuttgart und der Deutschen Telekom geschlossen worden – jetzt zogen die Verantwortlichen erste Bilanz. Sie lobten ihre Zusammenarbeit und die mit den beteiligten Kommunen und Zweckverbänden. „Wir sind erfolgreich aus dem Startloch gekommen. Der Ausbau läuft auf Hochtouren“, sagte Hans-Jürgen Bahde, der Breitbandbeauftragte der Region Stuttgart und Geschäftsführer der Gigabit Region Stuttgart GmbH, am Freitag. 175 von 179 Kommunen in der Region hätten sich der Initiative angeschlossen.

Der Projektleiter der Telekom, Frank Bothe, versicherte, man habe bereits „einen Riesenschritt in die richtige Richtung“ getan. Rund 14 500 Haushalten und 5500 Gewerbetreibenden habe man im zu Ende gehenden Jahr die Chance eröffnet, einen schnellen Glasfaseranschluss zu nutzen. Vom Ausbau hätten 31 Gewerbegebiete in fast zwei Dutzend Gemeinden profitiert. 500 Kilometer Glasfaserleitungen seien verlegt worden, 200 Kilometer im Tiefbau. Im Jahr 2020 sollen weitere 80 000 Anschlussmöglichkeiten hinzukommen. Diesen Rhythmus wolle man in den Folgejahren beibehalten. Bothe ist auch zuversichtlich, dass man bis zum Jahr 2030 in der Region die angepeilten 1,4 Millionen erreichen werde. Zumal man sehe, dass „die Wettbewerber aufwachen“. Was der Landrat des Rems-Murr-Kreises, Richard Sigel, bestätigte. Er sprach von einem „Weckruf für andere Marktteilnehmer“.

Konkret gestartet hat man den Ausbau Anfang Juni in Reichenbach im Täle (Kreis Göppingen). Dort im oberen Filstal ist Stefan Pfletschinger mit seiner Firma PS Historacing zu Hause. Auf der Suche nach Motor- und Getriebeteilen für historische Porsche surft er im Internet, nun auch in dem Tempo, das seinen Produkten entspricht. „Bisher dauerte es Ewigkeiten, bis eine Seite geladen war. Jetzt geht es in Windeseile“, sagt Pfletschinger. Allerdings stößt das Angebot der Telekom nicht überall auf so viel Begeisterung. In anderen Bereichen läuft die Vorvermarktung eher schleppend. Dann wartet die Telekom mit dem Verlegen. Bothe gab sich jedoch zufrieden: Man wolle erst eine Vorvermarktungsquote von 30 Prozent sehen. Das laufe in ländlichen Gebieten ganz gut.

Kooperation ist umstritten

Rems-Murr-Landrat Sigel erkennt aber schon eine Diskrepanz zwischen der manchmal aufgeregten öffentlichen Debatte über Infrastrukturmängel und dem Anschlussverhalten der Bürger. Die hätten nicht immer auf dem Schirm, dass sie vielleicht schon bald schnelle Leitungen bräuchten für Heimarbeit oder künftig auch Pflegedienstprodukte auf Basis von Videokonferenzen.

Neben dem eigenwirtschaftlichen Ausbau der Telekom gibt es auch eine andere Variante – nämlich jene über von Bund, Land und den Kommunen geförderte Ausbauprojekte. Da nimmt die Telekom an den Ausschreibungen teil und muss sich gegen Konkurrenz durchsetzen. So hat sie zum Beispiel in Wolfschlugen (Kreis Esslingen) das günstigste Angebot abgegeben – und so gibt es dort neben dem Eigenausbau auch das Förderprojekt für die Gebiete der Gemeinde, die als unterversorgt gelten. So werde das Gemeindegebiet auf einmal ausgebaut. Ohne Kooperationsvertrag wäre dies nicht möglich gewesen. Nun sollen vom Oktober 2022 an rund 3600 Haushalte Anschlüsse erhalten. Dazu werden 220 Kilometer Glasfaser verlegt und 45 neue Verteiler aufgestellt. Die Kooperation beim Breitbandausbau hat das Ziel, dass bis zum Jahr 2025 alle Schulen und Unternehmen mit Glasfaser erschlossen sind, 2030 dann 90 Prozent der Haushalte.

Die Zusammenarbeit erstreckt sich aber auch auf den Mobilfunk. So will die Telekom bis zum Jahr 2022 genau 183 neue Mobilfunkstandorte in der Region errichten. Im nächsten Jahr will sie beginnen, das leistungsstarke 5G-Netz aufzubauen. Die Kooperation ist umstritten. Einzelne Stadtwerke, die selbst Glasfaseranschlüsse anbieten, und andere Breitbandanbieter halten die Zusammenarbeit für wettbewerbsverzerrend. Der Bundesverband Breitbandkommunikation kritisiert den „Exklusivdeal mit der Telekom“. Der flächendeckende Glasfaserausbau ließe sich im wettbewerblichen Ausbau mit vielen Netzbetreibern schneller realisieren. Bürgerinitiativen warnen vor Gesundheitsgefahren durch Mobilfunk.