Großer Andrang bei Joan Baez. Die Freilichtbühne im Höhenpark Killesberg bietet bis zu 4500 Besuchern Platz. Foto: C2 Konzerts Quelle: Unbekannt

Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - Die Freilichtbühne Killesberg ist in die Jahre gekommen und muss nach einer Vorlage der Stadt für mehr als zwei Millionen Euro saniert werden. Geld, das man sich aus Sicht des Garten-, Friedhofs- und Forstamtes sparen könnte. Der Alternativvorschlag: Das Areal für 500 000 zurückzubauen und den Spielbetrieb einzustellen.

Die baulichen Mängel an der Freilichtbühne seien so gravierend, dass Technikbürgermeister Dirk Thürnau weder mit dem Pächter, der Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart, noch mit dem Hauptsponsor, der Sparda-Bank Baden-Württemberg, über eine Verlängerung der bis Ende 2018 laufenden Verträge in Verhandlungen treten will. Eben dieser Schritt ist jedoch bis zum kommenden Frühjahr zwingend notwendig, um die Zusammenarbeit um weitere fünf Jahre fortführen und somit den Veranstaltern Planungssicherheit geben zu können.

Doch wo krankt es denn an dem knapp 80 Jahre alten Kleinod? In einer Vorlage der Stadt wird der Zustand als „stark sanierungsbedürftig“ bezeichnet. Das größte sicherheitstechnische Manko seien die Betonfertigteile der Tribünenkonstruktion, die in Bewegung wären und offene Fugen bilden würden. Darüber hinaus müsse der Belag im Innenraum erneuert werden. Diverse Stromkabel gelte es in Kanälen einzuhausen. „Eine weitere Verschlechterung des Zustands ist vorhersehbar und in den nächsten beiden Jahren ist ein sicherer Spielbetrieb nicht mehr gewährleistet“, so Thürnau.

Die Bausubstanz ist aus Sicht des Bürgermeisters nicht das einzige Problem. Immer wieder hätten sich Nachbarn über den Parksuchverkehr und die Lautstärke der Konzerte beschwert. Beide Punkte „werden von den Anwohnern kritisch gesehen“. Der Auf- und Abbau mit großen Transportern bereite aus Sicht der Parkpflege ebenfalls Schwierigkeiten. „Für die Besucher der denkmalgeschützten Gärten ergeben sich dadurch immer wieder gefährliche Situationen.“ Bei Konzerten sei der Erholungswert eingeschränkt. „Die Wegbreiten und Radien sind nicht auf den schweren Lastverkehr ausgelegt“, so Thürnau, der befürchtet, dass durch die Belastung der Wege im Park wieder neue Sanierungskosten verursacht werden. Insgesamt sei die Infrastruktur des Parks und der Freilichtbühne nicht mehr für Konzerte mit der heutigen Größenordnung geeignet. Das Garten-, Friedhofs- und Forstamt (GFF) geht noch einen Schritt weiter: Statt einer Sanierung spricht es sich für den Rückbau der Freilichtbühne und die Beendigung des Spielbetriebs aus. Anschließend bestehe die Chance, an diesem Ort wieder den ursprünglichen Charakter als „Vorführgarten“ zu etablieren, heißt es in der Vorlage.

Für den Pächter in.Stuttgart ist der Vorschlag des GFF der falsche Weg: „Es wäre definitiv ein Verlust für die Musik- und Eventszene“, sagt Jörg Klopfer, Sprecher der Veranstaltungsgesellschaft. „Selbst bei Nieselregen ist das Ambiente im Sommer toll, die Atmosphäre schön. Wir wünschen uns, auch künftig die Freilichtbühne bespielen zu dürfen und sind mit Blick auf eine Vertragsverlängerung gesprächsbereit.“ Dass es massive Beschwerden von Anwohnern gegeben haben soll, könne er indes nicht nachvollziehen. „Wir sind mit ihnen im Dialog.“ Auch aus Sicht von Arnulf Woock, Sprecher der beiden Veranstalter, der SKS Michael Russ GmbH und der Music Circus Concertbüro GmbH, sieht die Belastung nicht so kritisch. „Es sind gerade einmal zehn Konzerte im Jahr, die alle um 22 Uhr enden.“ Eine Gefährdung der Parkbesucher gehe von den Veranstaltungen ebenfalls nicht aus, so Woock, der von der negativen Haltung in der Vorlage irritiert ist. „Die Stilllegung wäre verheerend. In Stuttgart ist die Freilichtbühne die einzige Open-Air-Fläche dieser Art, ein Schmuckstück in der Landeshauptstadt.“ Zumal man sowieso ein Spielstättenproblem habe und dies durch die Sanierung des Hegelsaals nicht verkleinert werde.

Christian Doll, Geschäftsführer von C2-Concerts und in diesem Jahr Ausrichter von vier Veranstaltungen auf der Freilichtbühne, kann beim Blick auf die Vorlage ebenfalls nur mit dem Kopf schütteln. „Die Schließung wäre eine Katastrophe. Wir haben uns so einen guten Ruf erarbeitet, viele Künstler kommen im Sommer nur nach Stuttgart, weil sie auf der Freilichtbühne auftreten wollen.“ Art Garfunkel in diesem Jahr beispielsweise oder auch der 2015 verstorbene B.B. King.

Dass die Freilichtbühne in die Jahre gekommen ist und gewisse Teile auch saniert werden müssen, ist auch den Veranstaltern nicht entgangen. „Zweifelsohne“, sagt Arnulf Woock. „Ganz so schlimm, wie es von der Stadt dargestellt wird, ist es dann aber doch nicht.“ Dem schließt sich auch Klopfer an: „Es ist einiges passiert in den vergangenen Jahren.“ Die Bänke, die Beleuchtung und auch die Bühne wurden erneuert.“ Er befürchtet daher, dass die Kosten in Höhe von zwei Millionen Euro für die Sanierung „optimal“ gerechnet worden sind. „Die Ertüchtigung wäre wohl auch für deutlich weniger drin.“

Die Geschichte der Freilichtbühne

Das unter Denkmalschutz stehende Kleinod hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Die mitten in einem der ältesten Parks der Stadt gelegene Bühne wurde zusammen mit diesem 1939 zur damaligen Reichsgartenschau fertig gestellt. Während der Internationalen Gartenbauausstellung IGA 1993 war sie zentrale Veranstaltungsbühne, danach aber fiel sie wieder in ihren Dornröschenschlaf - bis Anfang des Jahres 2000. Seither findet regelmäßig in den Sommermonaten ein, wenn auch mit Rücksicht auf die Anwohner bewusst klein gehaltenes Veranstaltungsprogramm statt. 2017 locken zehn Open-Air-Konzerte bis zu 45 000 Besucher (ohne Lichterfest) auf die Freilichtbühne.