Stuttgart (seb) - In den vergangenen Wochen und Monaten wurde in der Landeshauptstadt viel über die Schadstoffbelastung diskutiert. Der „Feinstaubalarm“ fand bundesweite Beachtung. Aus Sicht der CDU-Fraktion im Rathaus ist der Begriff jedoch negativ belegt. Sie haben daher eine Namensänderung beantragt. Im Umwelt- und Technikausschuss (Uta) sprach sich die Mehrheit für eine Umbenennung aus.

„Wir wollen die zu hohe Schadstoffbelastung, vor allem durch Feinstaub und Stickoxid, nicht kleinreden“, sagte CDU-Chef Alexander Kotz. Er kritisiere nicht die Maßnahme, sondern nur die Bezeichnung „Feinstaubalarm“. Sie sei provokant und mache das Instrument der Vorhersage weder besser noch schlechter. Kotz verbinde mit einem „Alarm“ eine akute und höchst gefährliche Ausnahmesituation. „Beispiele hierfür sind Feuer- Bomben- oder Tsunami-Alarm. So schlimm ist es um Stuttgarts Luft jedoch nicht bestellt.“ In anderen Teilen Deutschlands und darüber hinaus löse der Begriff eine abstoßende Reaktion aus. Um einen Imageschaden, der bereits entstanden sei, künftig von der Stadt abzuwenden, schlägt der Christdemokat die Umwandlung des „Feinstaubalarms“ in einen „Luftreinhaltetag“ vor.

„Wir sind uns im Klaren, dass der Feinstaubalarm als Begriff nie mehr ganz aus dem Sprachgebrauch beseitigt werden kann.“ Allerdings mache es einen großen Unterschied, ob Stadt und Land mit ihm weiterarbeiten oder nicht. Ziel müsse sein, ihn aus offiziellen Veröffentlichungen, beispielsweise im Internet, an Infotafeln oder in den Medien, zu entfernen und durch einen solchen zu ersetzen, der dem notwendigen Zweck gerecht wird. „Ohne die negativen Begleiterscheinungen des bisherigen auszulösen“, so Kotz.

Oberbürgermeister Fritz Kuhn warnte gestern ausdrücklich vor einer Namensänderung. „Wir müssen aufpassen, dass wir die Problematik nicht beschönigen und uns mit diesem Euphemismus nicht bundesweiten Spott einheimsen.“ Begriffe wie „Schadstoffalarm“ oder „Schadstoffwarnung“ könne er noch nachvollziehen, immerhin sei nicht der Feinstaub, sondern Stickoxid das eigentliche Problem. „Wenn wir dieses gelöst haben, haben wir einen riesigen Marketingeffekt.“ Die lausigste Art der Werbung sei aber, das Thema durch eine Namensänderung unter den Teppich kehren zu wollen.

Die meisten Stadträte im Uta teilten die Meinung des Stadtoberhauptes jedoch nicht. Sowohl die Freien Wähler, die AfD als auch die FDP unterstützten den CDU-Antrag. Ralph Schertlen von den Stadtisten, der auch im Aufsichtsrat von Stuttgart Marketing sitzt, betonte, dass ein Alarm weltweit negativ belastet sei. „Daher ist mir alles andere Recht.“ Rückendeckung erhielt der OB von den Grünen und der Fraktionsgemeinschaft SÖS-Linke-Plus. SPD-Chef Martin Körner fand den Begriff „Feinstaubalarm“ von Anfang an problematisch, da Stuttgart in falschem Licht erschienen sei. „Jetzt ist das Kind aber schon in den Brunnen gefallen, er hat sich durchgesetzt.“ Ihm falle es schwer, die Diskussion ernst zu nehmen, daher werde er sich bei der Abstimmung im Gemeinderat am 29. Juni enthalten.

Dass gestern noch keine Entscheidung gefällt wurde, war dem Grünen-Fraktionsvorsitzenden Andreas Winter zu verdanken. Die Namensänderung sei ein weitreichender Schritt, über den die Vollversammlung beraten müsse. Aus Sicht von Kotz ein scheinheiliges Argument. Er unterstellte dem Grünen-Stadtrat, dort nur auf andere Mehrheitsverhältnisse zu hoffen.

Bis dahin will OB Kuhn mit Verkehrsminister Winfried Hermann über eine mögliche Namensänderung sprechen - schließlich wäre auch das Land betroffen.