In der denkmalgeschützten Villa in der Diemershaldenstraße wurde das Kinder- und Jugendhospiz mit acht Zimmern eingerichtet. Fotos: Hauptmann Quelle: Unbekannt

Von Elke Hauptmann

Stuttgart - Es ist vollbracht: Nach acht Jahren der Planung und Realisierung ist das Kinder- und Jugendhospiz in Stuttgart bezugsfertig. Es ist die erste stationäre Einrichtung ihrer Art in Baden-Württemberg, die Kinder und Jugendliche mit einer lebensverkürzenden Erkrankung samt deren Eltern und Geschwister aufnimmt.

„Wir eröffnen hier ein Haus des Lebens“, betont Eckhart Schultz-Berg, der Vorsitzende des Hospizausschusses der evangelischen Kirche in Stuttgart. Üblicherweise würde man ein Hospiz mit Tod und Trauer in Verbindung bringen. „Natürlich werden hier auch Kinder sterben. Aber in erster Linie geht es darum, ihre kurze, wertvolle Lebenszeit so gut wie möglich zu gestalten und ihren Familien Zeit zum Kräftesammeln, zum Durchschnaufen zu bieten.“ In der denkmalgeschützten Villa in der Diemershaldenstraße, in der einst das Institute Français beheimatet war, solle gelacht und gefeiert werden, wünscht er sich.

Mit der Anreise der ersten kleinen Patienten am 4. Dezember nimmt das stationäre Kinder- und Jugendhospiz Stuttgart offiziell seinen Betrieb auf. Auf den Bettchen in den gemütlich und dennoch funktional eingerichteten Zimmern sitzen schon fröhlich dreinschauende Plüschteddys. Nur noch wenige Handgriffe sind nötig: Bücherkisten müssen ausgeräumt, Spielzeug in die Regale sortiert, Teeküchen bestückt werden. Im weiß getünchten Flur der repräsentativen Villa wird noch ein kleiner Tisch aufgestellt, auf dem die Gedenkkerze für die Verstorbenen stehen soll.

Bis zu acht unheilbar kranke Kinder und Jugendliche im Alter von 0 bis 23 Jahren können hier für insgesamt vier Wochen im Jahr Aufnahme finden - am Stück oder mehrmals für ein paar Tage, mit und ohne Familie. Für Angehörige stehen in einem Extragebäude auf dem Areal drei Elternappartements sowie zwei Eltern-Kind-Appartements zur Verfügung. „Die sind begehrt“, berichtet Pflegedienstleiterin Michaela Müller. Allein für den Dezember würden bereits 26 Anfragen vorliegen. Der Bedarf für ein solches Haus sei vorhanden: Einer Analyse zufolge gibt es in Baden-Württemberg mindestens 3000 schwerstkranke Kinder. Deren Familien mussten bislang in andere Einrichtungen im Bundesgebiet ausweichen. Das Stuttgarter Hospiz ermögliche es ihnen, quasi vor der eigenen Haustür eine Auszeit zu nehmen oder auch eine Lücke in der Betreuung zu überbrücken. Hier erhalten sie Hilfestellung im therapeutischen, pädagogischen und seelischen Bereich.

„Ein solches Haus war längst überfällig“, sagt der frühere Prälat Marin Klumpp. Der Evangelische Kirchenkreis Stuttgart, zu dem diese neue Einrichtung fortan gehört, und der Förderverein Hospiz Stuttgart haben einen langen Atem bewiesen - und viele Menschen im Land von ihrer Idee überzeugt: Für den rund 9,7 Millionen Euro teuren Umbau wurden allein 4,1 Millionen Euro von privater Seite gespendet. Die Ausstattung (eine weitere Million Euro) sowie die Kaufsumme für die Immobilie (drei Millionen Euro) brachte zum Großteil der Förderverein Hospiz Stuttgart auf. „Wir haben die Hoffnung, dass uns auch weiterhin viele Menschen unterstützen“, so Klumpp. Das sei auch dringend nötig, ergänzt Kirchenpfleger Hermann Beck. Was die laufenden Betriebskosten betrifft, so werden jährlich rund 700 000 bis 800 000 Euro benötigt. „Das stationäre Kinder- und Jugendhospiz Stuttgart ist auch weiterhin auf Spenden angewiesen.“

Am Wochenende 18. und 19. November wird zu Tagen der offenen Tür eingeladen. Am Samstag kann man das Hospiz von 10 bis 18 Uhr besichtigen, am Sonntag von 11.30 bis 18 Uhr. Die Gäste erwartet an beiden Tagen ein vielfältiges Informations- und Unterhaltungsprogramm.