So sah Bildungsarbeit vor 100 Jahren aus - in Deutschlands erster Mütterschule in Stuttgart. Foto: Archiv Haus der Familie Quelle: Unbekannt

Alte Fotos erzählen Geschichte(n): Etwa von Müttern, die lernen, ihre Säuglinge richtig zu wickeln, in der Mütterschule, damals 1917. 100 Jahre später nennt sich die Einrichtung Haus der Familie und hat neben den Räumlichkeiten im Cann noch 72 Außenstellen in Stuttgart.

Von Iris Frey

Damals war es nach dem Ersten Weltkrieg die erste Familienbildungsstätte in Deutschland. Gegründet hat die einstige Mütterschule die Kindergärtnerin Luise Lampert. Es sollte eine Hilfe für Mütter sein zur Pflege und Erziehung der Kinder. „Vorher stand die Fürsorge im Mittelpunkt, jetzt die Bildung“, erklärt Sabine Antesz, die zusammen mit Corinna Wirth seit etwa 14 Jahren die Einrichtung leitet, die seit fünf Jahren in der Elwertstraße 4 zu finden ist. Damals sei die Einrichtung Vorbild in Stuttgart gewesen und auch aus anderen europäischen Ländern seien Interessierte gekommen.

Den allerersten Standort kann sie nicht sagen, wo er sich in Stuttgart befand. Dann war es die Tunzdorfer Straße und die Neue Weinsteige, in der sich das Haus der Familie befand. Damals war eine Krippe und ein Kindergarten mit angegliedert. Während der Nazizeit wurde die Einrichtung im Denken und in der Bildungsarbeit kontrolliert und gesteuert und zum so genannten Mütterdienstwerk zusammengefasst.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gründeten die evangelische und katholische Kirche die Mütterschule als Verein. Seitdem fördert die Stadt Stuttgart die Einrichtung. Seit diesem Jahr ist der Evangelische Kirchenkreis und die Gesamtkirchengemeinde Bad Cannstatt Träger des Hauses der Familie. Längst arbeitet die Einrichtung nicht mehr nur mit Müttern, auch Väter sind dabei und Menschen unterschiedlicher Herkunft, auch Flüchtlinge. „Wir sind offen für alle Schichten und Religionen“, sagt Antesz. Seit dem Zweiten Weltkrieg gibt es Kurse in 72 Außenstellen in der Stadt.

Mit dem Umzug nach Bad Cannstatt konnte ein zusätzliches Stadtteilzentrum eingerichtet werden mit offenen Angeboten. Dorthin können Familien ohne Anmeldung kommen. „Die Besucher schlagen oft Angebote vor“, weiß Antesz. Von den Räumlichkeiten her sei die Einrichtung voll ausgeschöpft. „Wir sind total offen für Kooperationen mit anderen Institutionen“, sagt Antesz. Auch mit Blick auf eine mögliche Kulturstätte in der Elwertstraße gegenüber würde sie sich freuen, Synergien zu bilden.

Vom Standort her beeinträchtige das Volks- und Frühlingsfest die Arbeit mit Müll und anderen Hinterlassenschaften. In den Zeiten gebe es an den Wochenenden ein eingeschränktes Programm.

Das Haus hat ein erfolgreiches Welcome-Programm, wie Antesz berichtet, bei dem Ehrenamtliche in Familien mit Neugeborenen gehen und dort helfen. „Moderne Nachbarschaftshilfe“, wie die Sozialarbeiterin sagt. Auch Flüchtlingsfamilien werden im Haus der Familie in Projekten betreut. Und so gibt es seit neuestem neben der Hausaufgabenhilfe für Flüchtlingskinder auch eine abendliche Hausaufgabenhilfe für erwachsene Flüchtlinge. Das Jubiläum wird im September mit einem Festakt im Hospitalhof gefeiert und mit Jubiläumswochen vom 19. bis 30. Juni in Cannstatt. Als Wünsche nennt Antesz, auch die ältere Generation erreichen und es fehlen noch größere Außenflächen im Standort Elwertstraße. Das Haus der Familie zählt jährlich 900 Kurse, 260 Honorarkräfte, 50 Ehrenamtliche, 11 000 Besucher, 7000 Café-Besucher und mehr als 30 offene Angebote in der Woche.

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