Die Messe-Premiere findet im Februar 1968 unter dem Namen „Motor-Sport-Freizeit“ statt. Archiv Foto: Messe Stuttgart Quelle: Unbekannt

Von Andrea Eisenmann

Stuttgart - Es ist kein unmoralisches, eher ein verlockendes Angebot, das Hans Müller Anfang der 70er-Jahre unterbreitet wird. Von der Messeleitung wird der Wohnmobil-Aussteller gefragt, ob er sich vorstellen könnte, die Projektleitung für die Messe CMT („Caravan Motor Touristik“) auf dem Killesberg zu übernehmen. Müller konnte - und wollte. Die 1968 vom Motorsport Club und ADAC gegründete Veranstaltung ist damals erst ein paar Jahre alt und hatte zunächst das Kürzel MSF getragen - was für „Motor-Sport-Freizeit“ stand.

Drei Jahre später ändert die Messe, die nun CCT („Caravan Camping Touristik“) heißt, ihre Inhalte. Das Thema Motorsport, das zunächst das Erscheinungsbild in den Hallen dominiert, rückt in den Hintergrund. Dies ist vor allem dem Zeitgeist geschuldet: Flugpauschalreisen werden erschwinglich, die Sehnsucht, andere Länder kennenzulernen, wächst. 1973 erfolgt die endgültige Umbenennung in CMT. Allerdings fällt die Resonanz auf das Angebot zu Beginn noch eher verhalten aus. Sieben Länder und drei Reisebüros stellen auf der ersten CMT aus. „Österreich, Frankreich, Griechenland, Libanon, Tunesien, Algerien und Südafrika waren die ersten Destinationen, die in Stuttgart um Besucher warben“, erinnert sich Müller.

Der Durchbruch erfolgt 1976. Mit an Bord bei der CMT ist in diesem Jahr Orion-Reisen, das für Algerien die Werbetrommel rührt. Dem Veranstalter schwebt eine internationale Folkloregruppe vor, ein Kontakt zum staatlichen Verkehrsamt wird hergestellt. Hans Müller reist in das Land und sucht mit einem Minister drei Tage lang in der Wüste nach einer entsprechenden Gruppe. Nicht nur diese findet am Ende ihren Weg nach Stuttgart, sondern auch jede Menge Sand und ein riesiges Beduinenzelt, das nach Ende der Messe lange auf dem Pariser Flughafen vor sich hinrotten wird. „Der Anblick war für die Besucher natürlich sehr exotisch.“ 1976 wird auch das erste Jahr, in dem die Besucherzahl von 100 000 Personen geknackt wird. Die CMT ist zu einer Marke, zum Flaggschiff unter Stuttgarts Messen, geworden. „Wir hatten nun Besucher, die unter der Woche einen Tag freinahmen, um Informationen und Inspirationen für ihren Urlaub zu sammeln.“ Ende der 1980er-Jahre, als das Thema Fernreisen boomt, entsteht die Idee, jedes Jahr eine andere Destination als Partnerland zu präsentieren.

Trotzdem ähneln die Messen in diesen Jahren jener, die am heutigen Samstag auf den Fildern ihre Tore öffnen wird, wenig. Das Gelände auf dem Killesberg ist überschaubar, die Zahl der Aussteller deutlich geringer. Aber auch das hat seine Vorzüge: Man kennt sich persönlich, hilft sich aus und sitzt abends gemeinsam in den Hallen zusammen, wenn Besucher diese längst verlassen haben. „Nach einem Tag war man mit allen per Du“, erinnert sich Müller. Die Luftqualität dürfte allerdings nicht jedermanns Sache gewesen sein: In den Hallen auf dem Killesberg gibt es kein Rauchverbot. Überall wird gequalmt, an fast allen Ständen befinden sich Aschenbecher.

2007 öffnet die CMT zum letzten Mal ihre Tore im Stuttgarter Norden, mit der Messe „Babywelt“ geht eine Ära zu Ende. Und eine neue beginnt: Vom 12. bis zum 20. Januar 2008 wird die Reise- und Freizeitmesse erstmals auf den Fildern abgehalten. Die Ausstellungsfläche am Flughafen hat sich gegenüber dem früheren Gelände auf dem Killesberg fast verdoppelt.

Zehn Jahre später wird all das nun noch einmal getoppt. Mit Eröffnung der Paul-Horn-Halle ist das Messegelände auf rund 120 000 Quadratkilometer angewachsen. Und auch sonst kann man mit Superlativen auftrumpfen: Die Rekordzahl von 2192 Ausstellern aus 100 Ländern wird bei der Jubiläumsveranstaltung mit dabei sein. Hans Müller hat sein persönliches Kapitel CMT bereits im Jahr 2002 geschlossen: Nach 30 Jahren gibt er die Projektleitung für die Messe ab - nicht jedoch seinen Schatz an Erinnerungen.