Parkplätze, viel Raum und eine große Dachterrasse sprechen für eine Oper im Paketpostamt. Die Anbindung an den ÖPNV ist jedoch noch nicht ideal. Sie könnte unter anderem durch ausgeleuchtete Wege von der Haltestelle „Mineralbäder“ verbessert werden. Foto: Steegmüller Quelle: Unbekannt

Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - Das Stuttgarter Opernhaus ist in die Jahre gekommen und muss dringend saniert werden. Um die Bühne und das Kulissengebäude vernünftig auf Vordermann bringen zu können, sucht die Stadt nach einem Interimsstandort. Im Umwelt- und Technikausschuss kristallisierte sich gestern heraus, dass das ehemalige Paketpostamt in der Ehmannstraße die favorisierte Lösung ist. Auch die Verantwortlichen der Staatstheater teilen diese Ansicht.

So richtig zufrieden schien die Mehrheit der Stadträte mit dem priorisierten Vorschlag jedoch nicht. Der Tenor im mittleren Sitzungssaal: Es mangelt an guten Alternativen. Das ist auch Viktor Schoner, dem Intendanten der Stuttgarter Oper, gestern im Rathaus nicht entgangen. Seine Kritik: In dem Gremium werde immer vom „am wenigsten schlechten“ Standort gesprochen. „Dabei suchen wir nach der besten Lösung.“ Das Opernhaus verglich er mit einer „wunderbaren Altbauwohnung, aus der man ausziehen“ müsse. Da falle die Wahl eben schwer. Das Paketpostamt erinnere ihn an ein Loft, das „eine neue Identität“ bieten könne. „Die traumhafte Dachterrasse lässt hoffen. Aufregende Ballett- und Opern-Abende könnten dort auch ein neues Publikum anlocken.“

Dem „Bungalow auf der grünen Wiese“, sprich dem Standort auf dem Kunstrasenplatz neben dem Mercedes-Benz Museum, könne er nur wenig abgewinnen. „Er hat keine Identität“, so Schoner. Eine Oper im Neckarpark wird es wohl nicht geben. Um die Lösung dort zu realisieren, müsste die Stadt zum einen tiefer in die Tasche greifen als am Paketpostamt, betonte Oberbürgermeister Fritz Kuhn. Zum anderen werde der Standort vom Publikum aufgrund der abgelegenen Lage „massiv abgelehnt“, das habe eine entsprechende Befragung unter Ballett- und Opern-Besuchern ergeben, betonte der geschäftsführende Intendant der Staatstheater, Marc-Oliver Hendriks, im Umwelt- und Technikausschuss (Uta). „Die Wahl des Interimsstandorts ist eine wichtige Weichenstellung. Von einem leichten Zuwachs bis zu 50 Prozent weniger Besucher sei alles möglich. Dabei gehe es nicht nur um die Akzeptanz, sondern auch um wirtschaftliche Aspekte. Immerhin werden pro Jahr durch Eintrittsgelder rund zwölf Millionen Euro eingenommen.

Definitiv verabschiedet hat man sich von einem Interimsbau auf dem Eckensee. Der Bereich stellt eine wichtige Frischluftschneise für die Innenstadt dar, steht außerdem gemeinsam mit dem Schlossgarten unter Denkmalschutz und bietet zu wenig Platz. „Der Standort ist nicht unproblematisch und wird von der Stadtgesellschaft abgelehnt“, sagte Hendriks. Auch Oberbürgermeister Fritz Kuhn sprach sich gegen die Lösung auf dem See aus. „Um bisherige Lagerräume weiter nutzen und gleichzeitig das Opernhaus sanieren zu können, wären komplizierte Rochaden notwendig, durch die sich die Bauzeit verzögern würde. Außerdem wäre der Abriss des alten Kulissengebäudes dann nicht mehr möglich.“ Kuhn ist sich bewusst, dass der Umzug in ein Interimsbau immer ein gewisses Risiko birgt, schließlich könne das Stammpublikum wegbleiben. Mit dem Paketpostamt in der Ehmannstraße kann er sich jedoch offenbar anfreunden. Als er es von außen gesehen hat, habe er zunächst Bedenken gehabt. Mit jedem Schritt durch das Gebäude sei das Interesse gewachsen. „Es hat Potenzial.“ Unter anderem müsse die Anbindung an den ÖPNV verbessert werden, beispielsweise durch beleuchtete Wege von der Haltestelle „Mineralbäder“.

Einer Nachnutzung des Paketpostamtes, also im Anschluss an die mehrjährige Opernhaus-Sanierung, erteilte Kulturbürgermeister Fabian Mayer eine Absage: „Mit Blick auf die bevorstehende Parkerweiterung durch Stuttgart 21 wäre es ein Treppenwitz, das monströse Gebäude stehenzulassen.“ Außerdem würde eine Philharmonie in dem geforderten Hybridbau keinen Sinn machen.

Am 27. November wird der Verwaltungsrat der Staatstheater nochmals über den Standort für den Interimsbau diskutieren. Ziel sei es, die Qualität der Oper und des Balletts, deren Arbeit weltweit für große Bewunderung und Neid sorge, auch im Ausweichquartier zu halten. Ehe der Gemeinderat die Entscheidung akzeptiert, müsse die Verwaltung jedoch Zahlen auf den Tisch legen, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Alexander Kotz gestern im Uta. „Die Kosten werden die meisten anderen städtischen Projekte deutlich überschreiten.“