Dieter Mäurer ist in seiner Freizeit als ADAC-Stauberater auf den Autobahnen rund um Stuttgart unterwegs und berät Autofahrer. Außerdem ist der gelernte Kfz-Mechaniker bei seinen Einsätzen ein gefragter Pannenhelfer. Quelle: Unbekannt

Von Janey Olbort
Stuttgart – Ich ziehe mir den Motorradhelm auf, schwinge mich auf die schwarze Maschine und los geht‘s. Im Radio läuft „Born to be wild“. Der Fahrtwind weht mir um die Nase. „Super, alle Klischees erfüllt“, denke ich. Zwar saß ich zuvor noch nie auf einem Motorrad, aber hinter Dieter Mäurer, der seit mehr als 30 Jahren Zweirad fährt, fühle ich mich sicher. Mäurer ist Stauberater beim ADAC und von Pfingsten bis September auf den Autobahnen rund um Stuttgart unterwegs. Seine Aufgabe ist es, in Staus von Fahrzeug zu Fahrzeug zu fahren und die Autofahrer über Streckensperrungen oder die voraussichtliche Dauer des Staus zu informieren. Im Gepäckträger hat er unter anderem Warndreiecke, Getränke und Werkzeug dabei.
„Sieht gut aus für uns“, sagt Mäurer, nachdem wir den Staube-richt im Radio gehört haben. Er ist optimistisch, dass wir an diesem Tag viel zu tun bekommen werden. Unser erstes Ziel ist die A 81 Richtung Leonberg. Bevor wir auf der Autobahn sind, haben wir bereits den ersten außerplanmäßigen Einsatz: Wenige Meter nach dem Heslacher Tunnel steht ein Auto mitten auf der Fahrbahn. Der Stauberater, der an diesem Tag auch gefragter Pannenhelfer sein wird, steigt ab und läuft zu dem Fahrzeug. Nachdem klar ist, dass das Auto nicht mehr weiter fahren kann, sprintet Mäurer zurück zu seinem Motorrad, holt vier Warndreiecke und sichert das Pannenfahrzeug. Nachdem die Polizei eingetroffen ist und die Fahrbahn abgesperrt hat, schiebt er das Auto gemeinsam mit dem Fahrer an den Fahrbahnrand. Der Rest ist Sache des Abschleppdienstes.
Rettungsgasse bilden
Es geht weiter auf die A 81 in Richtung Leonberg. Auf der Autobahn stockt der Verkehr. Wir fahren in der Rettungsgasse zwischen den Autos hindurch. Das ist völlig legal. Stauberater genießen auf der Autobahn Sonderrechte. Sie dürfen den Standstreifen nutzen, rechts überholen oder auf den speziellen Einmündungen für Einsatzfahrzeuge fahren. Wenn Fahrer keine Rettungsgasse bilden, streckt Mäurer im Vorbeifahren seinen linken oder rechten Arm aus und tut so, als würde er die Autos zur Seite schieben. Bei einigen Blockierern klopft er direkt an die Scheibe und informiert sie über die richtige Bildung der Rettungsgasse. Am Ende der Schicht wird er entgegen meiner Erwartungen sagen, dass es heute „ganz gut geklappt hat mit den Rettungsgassen“. Eigentlich sei er Schlimmeres gewohnt. Mäurer sagt, dass es in Deutschland mit den Rettungsgassen noch nie besonders gut funktioniert habe. In anderen Ländern, etwa in Österreich, würde dies besser klappen.
Ein weiteres Ärgernis sind Smartphones am Steuer: Beim Blick durch die Autoscheiben fällt mir auf, dass nahezu jeder zweite Fahrer auf seinem Smartphone oder Tablet herumtippt oder telefoniert. Wenn Mäurer sie durch Handzeichen oder dem Klopfen an der Scheibe darauf aufmerksam macht, fühlen sich ausnahmslos alle ertappt. Unrechtsbewusstsein ist also vorhanden. Mäurer würde es begrüßen, wenn solche Vergehen härter bestraft würden: „Jeder mit Handy am Steuer sollte vier Wochen Fahrverbot bekommen.“ Bisher drohe der Entzug des Kasko-Versicherungsschutzes, wenn die Nutzung des Smartphones nachweislich zu einem Unfall geführt habe, sagt er.
Zeit haben ist „die Lösung“
Andere Ursachen von Staus – außer Auffahrunfälle durch unaufmerksame Fahrer – sind Mäurer zufolge zu dichtes Auffahren, das häufig in Unfällen endet, sowie unnötige Fahrbahnwechsel, um vermeintlich schneller voran zu kommen. „Wenn die Leute dann wieder einscheren, zwingen sie die anderen Verkehrsteilnehmer abzubremsen.“ Dadurch werden Auffahrunfälle verursacht, sagt Mäurer. Er muss es wissen, schließlich ist der 57-Jährige seit 1996 in seiner Freizeit als Stauberater auf den Autobahnen unterwegs. Aus seiner Sicht ist Zeit haben „die Lösung“, denn „am flüssigsten läuft es, wenn alle auf ihrer Spur bleiben.“
Unser nächstes Ziel ist die Autobahn A 8 in Richtung München. Am Fahrbandrand auf der Gegenfahrbahn erkennt der Stauberater in weiter Ferne ein Auto. „Da müssen wir jetzt hin“, sagt er. Wir nehmen die nächste Ausfahrt und machen uns in Richtung Karlsruhe auf. Am Fahrbahnrand treffen wir auf zwei junge Frauen, die sichtlich erleichtert sind, dass ihnen geholfen wird. Ihr Auto springt nicht mehr an. Mäurer, der gelernter Kfz-Mechaniker ist, öffnet die Motorhaube und macht sich auf Fehlersuche. Nach wenigen Minuten steht fest, dass ein Ersatzteil her muss. An Ort und Stelle ist nichts zu machen. Nachdem der Pannendienst informiert wurde, steigen wir wieder aufs Motorrad und setzen unsere Fahrt fort. Der Stauberater ist dabei immer auf der Suche nach Pannenfahrzeugen oder Unfällen. Helfen macht ihm Freude, sagt er.
In einen kilometerlangen Stau inklusive Streckensperrung geraten wir an diesem Tag allerdings nicht mehr. Dieter Mäurer dagegen wird bis zum Ende der diesjährigen Stauberater-Saison im September sicher noch viele Stunden im Stau verbringen und beraten.