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Lange eilten die Stuttgarter Grünen von Wahlsieg zu Wahlsieg. Mittendrin: der strahlende Grünen-Fraktionschef Werner Wölfe. Dann der Karriereknick: Wölfle scheiterte bei der Wahl zum Sozialbürgermeister, nahm notgedrungen ein Referat, das nie seines war.

StuttgartEtliche Jahre gab es nach Wahlen das gleiche Bild im Stuttgarter Rathaus. Nach der Auszählung der ersten Stimmbezirke lagen sich Werner Wölfle und seine Fraktionskollegin Muhterem Aras strahlend in den Armen. Vor klickenden Kameras genossen sie den Erfolg ihrer Partei in dem guten Gefühl, persönlich ihren Teil dazu beigetragen zu haben.

Aras ist heute die erste Muslimin und die erste Frau im Land auf dem Posten der Landtagspräsidentin. Werner Wölfles politischer Weg erwies sich als steinig. Mit der Anforderung, eine dienstliche Erklärung im Zusammenhang mit der Klinikumsaffäre von seinem früheren Krankenhausbürgermeister zu verlangen, ist Kuhn auf Distanz gegangen. Der OB weiß: Da steht einer am Abgrund. Kuhn will sich nicht mitziehen lassen.

Der aus Konstanz stammende Wölfle arbeitete nach dem Sozialpädagogik-Studium lange bei der Caritas und gründete das Haus 49 und den Schlupfwinkel für obdachlose Kinder und Jugendliche mit. Als Fraktionschef der Grünen von 1996 an hatte er oft das richtige Gespür für Themen. Dass er sich zu einem gekonnten, aber eigenwilligen Strippenzieher entwickelte, passte in seiner Fraktion nicht allen. Zu seiner Bekanntheit trug bei, dass Wölfle zeitweise das Gesicht des Widerstands gegen Stuttgart 21 war, er brachte Heiner Geißler zur Schlichtung ins Rathaus. Weggefährten bescheinigen ihm, weder innerparteilich noch gegenüber dem politischen Gegner zimperlich zu sein. „Holzen gegen den OB gehört zum Job“, sagte Wölfle 2010. Gemeint war der Christdemokrat Wolfgang Schuster. Als robust und hemdsärmelig wird er beschrieben, aber auch als fahrig, mit geringer Sensorik für Fettnäpfchen und niedriger Toleranz gegenüber Kritik. Mit anderen Worten: gut im Austeilen, selbst dünnhäutig.

Klinikum „geerbt“

So geschickt Wölfle für die Grünen agierte, so ungeschickt verhielt er sich manchmal in persönlichen Belangen. 2001 musste er in der Affäre um Vorteilsnahme – es ging um bestellte Nahverkehrskarten für Familienangehörige von VVS- und SSB-Aufsichtsräten – 1500 Euro Strafe zahlen. Als die Grünen ins Staatsministerium einzogen, verunglimpfte Wölfle den Stuttgarter Kreisvorsitzenden der Partei in einer SMS, die öffentlich wurde. „Selbst dieser F.“ werde untergebracht, „ist mir das peinlich. Kein Unterschied zu den Schwarzen“, textete Wölfle, der nach fünf Jahren im Landtag gern selbst in die Regierung gewechselt wäre. 2010 bot sich Wölfle der Aufstieg von der harten Stadtrats- zur gepolsterten Bürgermeisterbank, Abteilung Soziales. In der Wahl scheiterte er knapp und überraschend gegen Isabel Fezer von der FDP. Ein paar Räte hatten alte Rechnungen beglichen.

Als Werner Wölfle im August 2011 das Amt des Bürgermeisters für Verwaltung und Krankenhäuser antrat, schrieb ein Journalist, nun habe er doch noch „das rettende Ufer“ erreicht. Schon zwei Wochen später gab es Ärger. Wegen einer unbedachten Äußerung in einem Interview über seinen Amtsvorgänger Klaus-Peter Murawski, der nun der Staatskanzlei in der Villa Reitzenstein vorstand, erklärte dieser aus Verärgerung öffentlich, dass Werner Wölfle auf seinem neuen Posten „offenbar eine Fehlbesetzung“ sei. Die folgenden Jahre gewann man nicht den Eindruck, dass der ehemalige Sozialarbeiter auf seinem neuen Posten im Krankenhauswesen wirklich angekommen war. Weggefährten sagen, er habe das Klinikum „geerbt“, weil er eben Bürgermeister werden wollte. Das Feld war auch ausgesprochen schwierig. Die bauliche Neuordnung des Klinikums lief nicht rund, die Kosten wuchsen beträchtlich, die Rahmenbedingungen waren schwierig, das zweistellige Millionendefizit wuchs. Konflikte mit dem Personalrat der Stadt deuteten an, dass Wölfle nicht immer das nötige diplomatische Geschick hatte.

Als die Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann als Ministerin zum Land wechselte, machte ein Revirement auf der Bürgermeisterbank Werner Wölfle endlich den Weg in sein Wunschreferat frei. Wer danach mit ihm zu tun hatte, erlebte einen anderen, viel entspannteren Menschen. Jetzt zeigte sich, wie falsch der vorherige und wie passend der jetzige Posten des Sozialbürgermeisters für Werner Wölfle war. Etwa in der Flüchtlingshilfe setzte er Akzente, zeigte neuen Schwung und auch Herzblut.

Doch mit der Entwicklung im Klinikskandal, einem aufgetauchten SMS-Verkehr, der eine Neubewertung von Wölfles Rolle bei einem fragwürdigen Geschäft des Klinikums mit Kuwait nahe legt, wurde dieser Neustart vor zwei Jahren jäh wieder gestoppt.