Die gelben Springlichter an Stadtbahnüberwegen haben Smartphone-Nutzer oft nicht im Blick. Das kann fatale Folgen haben. Foto: Steegmüller Quelle: Unbekannt

Von Elke Hauptmann

Stuttgart - Wer aufs Handy schaut, übersieht schon mal das Spinglicht am Stadtbahnübergang. Denn der Blick ist nach unten gerichtet statt nach vorn. Das führt immer häufiger zu gefährlichen Situationen. Um Smartphone-Nutzer vor Unfällen zu bewahren, testen einige Städte sogenannte Bodenampeln an Haltestellen. Auch in Stuttgart werden sie gefordert.

Die Stadtwerke Augsburg gelten als Vorreiter: Vor gut einem Jahr haben sie in der Stadt an zwei stark frequentierten Haltestellen rote LED-Leuchten im Boden eingebaut. Diese blinken, sobald die „normale“ Fußgängerampel auf Rot schaltet, weil sich eine Straßenbahn nähert. Auf diese Weise soll zusätzliche Aufmerksamkeit erzeugt werden. Der Test mit den 10 000 Euro teuren Bodenampeln wird positiv bewertet: Laut einem Stadtwerke-Sprecher hat sich die Anzahl der gefährlichen Situationen an diesen Haltestellen reduziert, Unfälle gab es seither nicht.

Obgleich die Wirksamkeit dieser Maßnahme umstritten ist - Verkehrsverbände kritisieren, dass Bodenampeln ein falsches Sicherheitsgefühl erzeugen - ist die Augsburger Bodenampel auf großes Interesse gestoßen. In vielen Kommunen wird derzeit über die Installation diskutiert. Auch in Stuttgart. Schon vor über einem Jahr regte der Stadtrat der Stadtisten, Ralph Schertlen, einen Testlauf in der Landeshauptstadt an: An ausgewählten Stadtbahnübergängen soll die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) solche ebenerdigen Blicklichter installieren. Anbieten würden sich vor allem Unfallschwerpunkte oder besondere Kreuzungen wie der Berliner Platz oder der Kelterplatz in Zuffenhausen, so Schertlen. Wie viele Bahnübergänge in der Landeshauptstadt für Bodenampeln geeignet seien und was die Umsetzung pro Bahnübergang ungefähr kosten würde, solle das städtische Verkehrsunternehmen nun prüfen. Die CDU-Fraktion spricht sich ebenfalls in einem Antrag an die Stadtverwaltung dafür aus, die Einführung von Bodenampeln an Stadtbahnhaltestellen zu untersuchen - zum Beispiel in der Schlossstraße. Auch eine farbliche Markierung auf dem Boden oder ein akustisches Warnsignal wären nach Meinung der Christdemokraten überlegenswert. „Offensichtlich reichen der z-förmige Gleisübergang und das gelbe Blinklicht nicht aus, um die Fußgänger auf nahende Stadtbahnen aufmerksam zu machen“, stellt Fraktionschef Alexander Kotz fest. Bislang hat sich die SSB noch nicht zum Thema geäußert.

In puncto Sicherheit könnte Stuttgart durchaus noch aufrüsten. Denn die Unfallzahlen sind erschreckend. Im vergangenen Jahr haben der Polizeistatistik zufolge 21 Fußgänger (2015: 10) Unfälle mit Stadtbahnen verursacht. Zwei Tote, fünf Schwer- und sechs Leichtverletzte waren zu beklagen. Die meisten dieser Unfälle ereigneten sich im Bereich der oberirdischen Haltestellen - in der Regel wurde die einfahrende Stadtbahn trotz der Springlichter aufgrund von Unaufmerksamkeit, Eile oder Ablenkung nicht wahrgenommen.

Fußgänger, die mit gesenktem Kopf und sturem Blick aufs Display durch die Gegend laufen, werden immer mehr zu einem Problem im Straßenverkehr. Einer nicht-repräsentativen Feldstudie des Auto Clubs Europa (ACE) zufolge schauen ein Viertel aller Jugendlichen auf ihr Smartphone, wenn sie über eine Straße gehen. Nicht besser ist es um die Erwachsenen bestellt. Hier hielten 14 Prozent der Frauen und 16,4 Prozent der Männer an Zebrastreifen und Ampeln den Blick auf ihre Geräte gerichtet. „Die Ergebnisse unserer diesjährigen Verkehrssicherheitsaktion sind erschreckend und zeigen, dass die Gefahren durch Ablenkung völlig unterschätzt werden“, sagt der ACE-Vorsitzende Stefan Heimlich. Für die Auswertung wurde ein halbes Jahr lang das Verhalten von insgesamt 140 000 Fußgängern deutschlandweit an Zebrastreifen und Ampeln beobachtet. Eine Erhebung der Dekra Unfallforschung im Jahr 2016 ergab, dass 17 Prozent aller Fußgänger, die die Straße überquerten, dabei durch die Nutzung ihres Smartphones abgelenkt waren.