Demonstranten stehen nach der Räumung von zwei Wohnungen mit einem Banner vor Polizisten. Foto: Fotos :dpa - Fotos :dpa

Die von Familien besetzen zwei Wohnungen in Stuttgart, um gegen Leerstand in der Stadt zu protestieren, sind gen geräumt worden. Ddas Wohnungsproblem in der Landeshauptstadt bleibt.

StuttgartNach etwa einem Monat sind zwei besetzte Wohnungen im Stuttgarter Stadtteil Heslach mithilfe der Polizei geräumt worden. Möbelpacker trugen die Habseligkeiten der Besetzer am Montagmorgen aus dem Haus. Die Schlösser der Wohnungen wurden ausgetauscht, um Unbefugten den Zutritt zu verwehren. Es gab laut Polizei keine Zwischenfälle. Vor der Absperrung der Beamten demonstrierten schätzungsweise 20 bis 30 Menschen. „Wohnungsnot im ganzen Land. Unsere Antwort Widerstand“, riefen sie. Am Nachmittag fand abermals eine Demonstration in Heslach statt.

Einsatzkräfte hatten am Morgen die betroffene Straße weiträumig abgesperrt. Die Beamten unterstützten die zuständige Gerichtsvollzieherin des Amtsgerichts Stuttgart bei der Arbeit. Das Landgericht hatte die Räumung auf Antrag der Hauseigentümerin erlaubt. In der Wohnung im vierten Obergeschoss trafen die Beamten niemanden an – ein Schlosser öffnete die Tür. Im Erdgeschoss öffnete ein junger Mann, der offensichtlich nicht zu den Besetzern gehörte. Er verließ die Wohnung laut Polizei freiwillig, muss nun allerdings mit einer Anzeige wegen Hausfriedensbruchs rechnen.

Dauerhaft bleiben

Vor etwa einem Monat waren eine dreiköpfige Familie und eine Mutter mit ihrem neunjährigen Sohn in das Haus gezogen, um gegen Leerstand in der Stadt zu protestieren. Die Familien wollten dem Aktionsbündnis „Recht auf Wohnen“ zufolge dauerhaft bleiben. Wie die Stadt Stuttgart mitteilte, lehnten sie nach der Räumung ab, vorübergehend in einer Notunterkunft der Stadt unterzukommen. Wie das Aktionsbündnis mitteilte, kommen sie privat in beengten Verhältnissen unter. Unter den Besetzern waren laut dem Innenministerium in Stuttgart auch Linksextremisten.

Innenminister Thomas Strobl (CDU) bezeichnete die Räumung als „klares Zeichen“ gegen Hausbesetzer. „Solche rechtsfreien Räume wird es in Baden-Württemberg nicht geben – anders als in anderen Bundesländern“, sagte Strobl und fügte hinzu: „Da haben wir heute in Stuttgart ein klares Zeichen gesetzt.“ Die Debatte um Wohnungsnot sei „nach demokratischen Regeln und auf Basis des geltenden Rechts“ zu führen. „Was in diesem Zusammenhang überhaupt nicht geht, ist, sich in einer fremden Wohnung breitzumachen – und sich damit über geltendes Recht hinwegzusetzen“, sagte der Politiker. Eigentümer des Hauses soll ein Londoner Investor sein. Bewohner, die rechtmäßig in dem Haus leben, befürchten, dass die Wohnungen nach einer umfangreichen Sanierung zu hohen Preisen vermietet werden könnten. Der Anwalt der Eigentümer, Erik Silcher, bestätigte zwar, dass es einen Sanierungsbedarf gebe, da seit 20 bis 30 Jahren nichts mehr an dem Haus gemacht worden sei. Ein Konzept zur künftigen Nutzung des Hauses müsse allerdings noch erstellt werden. Die Aktivisten beklagen, dass es mehr als 11 000 leerstehende Wohnungen in Stuttgart gebe. Die Stadt bezeichnete die Zahl zuletzt als „überhöht und veraltet“. Sie stamme aus dem Jahr 2011 und berücksichtige auch jene Wohnungen, die lediglich kurzfristig leer gestanden hätten. Derzeit werde der Leerstand auf etwa 3000 Wohnungen geschätzt.

Seit dem Jahr 2016 gilt in Stuttgart die Satzung gegen Zweckentfremdung. Sie soll sicherstellen, dass Wohnungen nicht länger als sechs Monate unbewohnt bleiben oder gewerblich genutzt werden. Der Stadt zufolge wurden seitdem mehr als 600 Verfahren wegen Fehlnutzung oder Leerstand eingeleitet – aktuell laufen noch etwa 200 Verfahren. Aus Sicht der Aktivisten hat die Satzung allerdings nichts bewirkt.