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Zwei Dutzend jüdische AfD-Mitglieder haben sich zu einer Gruppe zusammengeschlossen. Ministerpräsidenten Kretschmann fehlt dafür jedes Verständnis. Er holt zu einem Rundumschlag gegen die AfD aus.

Stuttgart (dpa/lsw) - Baden-Württemberg Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat die neu gegründete Vereinigung von Juden in der AfD als «in hohem Maße irritierend» zurückgewiesen. «Dass in eine solche Organisation Juden gehen, ist mir vollkommen unbegreiflich», sagte der Grünen-Politiker am Dienstag in Stuttgart. Kretschmann kritisierte offen völkische Ansätze innerhalb der AfD im Land. Mit dem fraktionslosen Landtagsabgeordneten und AfD-Politiker Wolfgang Gedeon sitze etwa ein «ausgewiesener Antisemit» im Landtag.

Kretschmann kritisierte auch die Ankündigung der AfD-Fraktion, eine digitale Meldeplattform gegen Lehrkräfte einzurichten, die gegen das Neutralitätsgebot verstoßen und sich etwa kritisch über die AfD äußern. «Jetzt wird sozusagen offenes Denunziantentum organisiert», sagte er. «Das sind alles Bausteine ins Totalitäre.» Das müsse man sehr ernst nehmen und sich überlegen, wie man sich dagegen aufstelle. Man müsse den Bürgern, die anfällig seien für die Ideen der AfD, deutlich machen, wohin das führe.

Jüdische Mitglieder der AfD hatten am Sonntag in Wiesbaden eine Bundesvereinigung innerhalb ihrer Partei gegründet. An der Spitze der «JAfD» genannten Gruppierung stehen Politiker aus Baden-Württemberg: Vera Kosova aus Nürtingen ist Vorsitzende, der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Fuhl aus Lörrach ihr Stellvertreter. Voraussetzung für eine Aufnahme in die Bundesvereinigung ist neben der AfD-Mitgliedschaft eine ethnische oder eine religiöse Zugehörigkeit zum Judentum.

Einige hundert Menschen hatten am Sonntag in Frankfurt gegen die Gründung demonstriert. Mehrere jüdische Organisationen hatten mit Kritik auf die geplante Vereinigung von Juden in der AfD reagiert. Die AfD sei eine Partei, in der Judenhass und die Relativierung bis zur Leugnung der Schoah ein Zuhause hätten, hatte es in einer Erklärung von 17 jüdischen Organisationen geheißen. Die frisch gewählte Vorsitzende der Vereinigung «Juden in der AfD», Vera Kosova, hatte hingegen betont, die AfD distanziere sich von Antisemitismus und Rassismus in jeglicher Form.

Die Neugründung der Gruppe führt offenbar auch zu Ärger im AfD-Landesverband. Der fraktionslose baden-württembergische Landtagsabgeordnete und AfD-Politiker Wolfgang Gedeon hatte die neue Gruppe auf Facebook kritisiert. «Im günstigsten Fall ist diese Gründung überflüssig wie ein Kropf, im ungünstigsten Fall handelt es sich um eine zionistische Lobbyorganisation, die den Interessen Deutschlands und der Deutschen zuwiderläuft.»

Einem Medienbericht zufolge bekommt Gedeon nun Rückendeckung vom AfD-Landtagsabgeordneten Stefan Räpple. «Ich stehe voll und ganz hinter den Äußerungen von Herrn Gedeon», sagte Räpple der «Welt». «Es kann nicht darum gehen, in der AfD immer neue Partikularinteressen zu verfolgen. Die zionistische Ideologie, also die Durchsetzung israelischer Interessen auf deutschem Boden, lehne ich ab. Es geht mir um deutsche Interessen, nicht um israelische.»

AfD-Landeschef Marc Jongen widersprach Räpple. «Ich begrüße die Gründung der Gruppe «Juden in der AfD» sehr und halte es für absolut folgerichtig, dass sich Juden in der AfD engagieren», sagte der Bundestagsabgeordnete der «Welt». Die AfD sei «die einzige Partei, die effektive Maßnahmen gegen den durch die muslimische Masseneinwanderung wachsenden Antisemitismus in Deutschland zu unternehmen verspricht».