Das Paketpostamt erinnert Marc-Oliver Hendriks, Geschäftsführender Intendant der Staatstheater, an die ehemalige Mercedes-Niederlassung an der Türlenstraße, die einst vom Schauspiel während einer Sanierung der Hauptspielstätte genutzt wurde. „Die haben alle geliebt.“ Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Sebastian Steegmüller

Stuttgart - Das Stuttgarter Opernhaus muss dringend saniert werden und deshalb für Jahre geschlossen werden. Wie berichtet wird im Stuttgarter Rathaus das ehemalige Paketpostamt in der Ehmannstraße als Interimsspielstätte favorisiert. Gestern hat sich auch die Kunstministerin Theresia Bauer, die zugleich die Verwaltungsratsvorsitzende der Staatstheater ist, für einen Umzug in das Gebäude am Rand des Rosensteinparks im Stuttgarter Norden ausgesprochen.

„Das Land und die Intendanz der Württembergischen Staatstheater sind einhellig davon überzeugt, dass dieser Standort die beste Lösung ist“, sagte Bauer. So würden Oper und Ballett für die Dauer der Generalsanierung eine attraktive Übergangsspielstätte erhalten. „Und die brauchen sie, um gut durch diese Phase zu kommen.“ Sie begrüßte ausdrücklich, dass der Klärungsprozess auf Seiten der Stadt voranschreitet, denn „wir haben durchaus einen gewissen zeitlichen Druck. Die grundsätzliche Klärung des Standorts für die Übergangsspielstätte ist Voraussetzung dafür, dass die Planung weiter präzisiert und im Frühjahr der Umsetzungsbeschluss für die Generalsanierung gefällt werden kann.“

Das Paketpostamt habe Charme und das Zeug für eine faszinierende und urbane Interimsspielstätte, ist sich die Kunstministerin sicher. Dies sei aber nicht der einzige Grund, der für den Standort am Park spreche. „Neben künstlerischen Aspekten wurden dabei Erreichbarkeit und Akzeptanz für das Publikum wie auch Fragen der Ressourceneffizienz und der baulichen und zeitlichen Erfordernisse der Generalsanierung geprüft.“ In der Summe sei das Potenzial für die Spielstätte Ehmannstraße am größten. „Wir haben dort den starken Standort, den die Staatstheater brauchen, um die erforderliche Generalsanierung des zwischen 1909 und 1912 errichteten Littmannbaus zu einem Erfolgsprojekt zu machen.“ Als Verwaltungsratsvorsitzende wolle sie deshalb eindringlich dafür werben, in der kommenden Sitzung am 27. November die Grundsatzentscheidung für den Standort herbeizuführen. „Wenn wir im November diesen Schlussstein setzen, ist der Weg frei für den Beginn der Sanierung des Opernhauses.“ Der dringend benötigte Umbau könnte bis zu sieben Jahre andauern und mehr als 400 Millionen Euro kosten. Der CDU-Gemeinderatsfraktion geht die Suche von Stadt und Land nach einem Interimsstandort etwas zu schnell. Gestern erneuerte der Vorsitzende Alexander Kotz seine Kritik, dass der Oberbürgermeister am Dienstag im Umwelt- und Technikausschuss keine Zahlen zu den möglichen Kosten der beiden verbliebenen Standorte - am Mercedes-Benz-Museum und im Paketpostamt - nennen konnte. Die einzig dazu gemachte Aussage „Im Neckarpark wird es teurer“ könne den Gemeinderat vor dem Hintergrund der Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler nicht zufriedenstellen - immerhin muss die Stadt die Hälfte der Kosten stemmen. „Gerade bei einem gemeinsamen Projekt mit dem Land muss man leider sehr genau hinsehen.“ Die zuständige Landesbauverwaltung habe beim Schauspielhaus und der Cranko-Schule völlig versagt. „Die für die beiden Projekte prognostizierten Kosten wurden real immens überschritten“, so Kotz. Eine Plausibilitätsprüfung seitens der Stadt sei daher für den Interimsbau dringend notwendig.

Zugleich sollte der Standort im Neckarpark nicht komplett abgehakt werden. Während das Paketpostamt im Rahmen von Stuttgart 21 definitiv abgerissen und der Bereich renaturiert wird, bestünde dort grundsätzlich die Chance, ein Gebäude auch auf Dauer zu erstellen, sofern die Voraussetzung für ein attraktives Nachnutzungskonzept gegeben wäre. Bei möglichen Investitionskosten in Höhe von 50 Millionen Euro stelle sich die Frage, ob dann nicht auch eine dauerhafte Nutzung des Gebäudes ermöglicht werden sollte. Ähnliche Kritik äußerte auch die FDP-Landtagsfraktion: Stuttgart werde um eine große Chance gebracht, erklärte die Abgeordnete Gabriele Reich-Gutjahr. Sie kritisierte OB Kuhn für seinen Plan, 50 Millionen Euro „für einen eher unschönen Opernstandort“ freizugeben, der langfristig keine Verwendung finde.