Daniel Bartsch zeigt einen Schaukasten mit einheimischen Faltern. Insgesamt gibt es circa 3700 verschiedene Arten in Deutschland. Fotos: Olbort Quelle: Unbekannt

Von Janey Olbort

Stuttgart - Von Jahr zu Jahr flattern weniger Schmetterlinge auf den Wiesen und in den Wäldern. Sowohl die Anzahl der Tiere als auch die der Schmetterlingsarten werden seit Jahren immer weniger. „Das Problem hat sich in den vergangenen drei bis vier Jahren dramatisch verschärft“, sagt Daniel Bartsch vom Naturkundemuseum am Löwentor und blickt auf die Wiesen im Rosensteinpark. An diesem Tag sind bei einer Temperatur von mehr als 20 Grad nur vereinzelt kleine Falter zu sehen. Bartsch ist Entomologe, befasst sich beruflich mit Insektenkunde. „Eigentlich müssten hier viel mehr Schmetterlinge zu sehen sein.“ Harte Fakten gebe es für den Rückgang der Population nicht, da der Bestand der letzten Jahrhunderte nicht ausreichend dokumentiert ist. „Aber man sieht es ja auch an den Windschutzscheiben der Autos, vor 20 Jahren klebten da noch deutlich mehr Insekten als heute.“ Aus wissenschaftlicher Perspektive gehören die Schmetterlinge oder Schuppenflügler zu den Insekten. Weltweit gibt es rund 160 000, in Deutschland circa 3700 verschiedene Schmetterlingsarten, wobei diese zu 90 Prozent Nachtfalter sind.

Tagsüber stoßen Spaziergänger auf den Wiesen und in den Wäldern auf Exemplare wie den gelben Zitronenfalter. „Diese Art übersteht auch Temperaturen von minus 30 Grad“, sagt Bartsch. Die Tiere haben eine Lebensdauer von zwölf Monaten und überwintern als Vollinsekt in heimischen Gefilden. Andere Arten, wie der Distelfalter sind sogenannte Wanderfalter. Sie fliegen im Frühjahr nach Norden und ihre Nachkommen im Herbst nach Südeuropa. Ein Falter, der die kalte Jahreszeit ebenfalls hier verbringt, ist das Tagpfauenauge aus der Gattung der Edelfalter. Der Schmetterling mit den „Augen“ auf den Flügeln dürfte allseits bekannt sein. Zu den Edelfaltern zählt auch der Kleine Fuchs. „Dessen Population schrumpft jedoch in den letzten Jahren“, sagt Bartsch. Die Raupe des Kleinen Fuchs lebt an Brennnesseln, die in praller Sonne stehen. „Da unsere Sommer in den vergangenen Jahren oft zu heiß waren, sind den Tieren die Brennnesseln allerdings viel zu trocken.“

Zu trockene Sommer sind nicht das einzige Problem. Insgesamt trügen Flächenverbrauch, Autoverkehr oder die intensive Forst- und Landwirtschaft zu einem Schmetterlingssterben bei. „Schadstoffe aus Motorabgasen werden mit dem Regen aus der Luft gewaschen, landen auf dem Boden und überdüngen so die Vegetation.“ Nur noch wenige Pflanzen dokumentieren deshalb die Artenvielfalt.

Flächenintensivierungen, wie die Umwandlung einst blütenreicher Wiesen in Ackerland, entziehen den Faltern Lebensraum und Nahrungsgrundlage. Zu dichte Wälder verschärfen diese Gefahr noch. „Man kann den Bauern oder Förstern keinen Vorwurf machen, die müssen Ernteerträge erzeugen und Holz produzieren“, sagt Bartsch. Die Politik setze jedoch oftmals falsche Anreize. Etwa durch die Förderung von Biotreibstoffen. „Der großflächige Anbau von Mais und Raps schädigt die Böden und setzt das extrem klimaschädliche Lachgas frei.“ Die eingesetzten Schädlingsbekämpfungsmittel würden schon in kleinsten Mengen Schmetterlinge und andere Insekten schädigen. Durch das Verschwinden von Insekten gerieten ganze Ökosysteme aus dem Gleichgewicht. Wenn weniger Schmetterlinge von Blüte zu Blüte fliegen, geschieht das auf Kosten der Pflanzenvielfalt, die letztlich auch Nahrungsgrundlage für uns Menschen ist.