Eine außergewöhnliche Form des Protests: Anwohner haben im Lehenviertel die Autos von Falschparkern mit Folie eingewickelt. Quelle: Unbekannt

Von Antonia Lange

Stuttgart - Die Botschaft ist eindeutig: „Kannste so parken, ist dann halt scheiße“ steht in Großbuchstaben auf dem Zettel an der Windschutzscheibe. Das Auto selbst ist in Folie verpackt - und mit einer Schleife aus Flatterband versehen. Genervte Anwohner haben Falschparkern im Lehenviertel ein zweifelhaftes Weihnachtsgeschenk gemacht, um sie auf deren Fehlverhalten hinzuweisen.

„Kinder können auf dem Gehweg nicht zur Kita oder in die Grundschule radeln, weil sie an den Ecken nicht durchkommen“, kritisiert die Grünen-Stadträtin Christine Lehmann, die über die Aktion gebloggt hat. Sie wohnt im dicht besiedelten Lehenviertel, in dem die Aktion stattfand und in dem Autofahrer häufig halb auf dem Gehweg parken oder Fußgängern den Weg auf die Straße versperren. „Tagsüber ist die Lage entspannter, aber wenn abends die Parkerei losgeht, dann kommt der Kollege im Rollstuhl nicht mehr zu seiner Stammkneipe.“

Das Problem der Autostadt Stuttgart mit rund 345 000 gemeldeten Fahrzeugen kennen auch andere Großstädte. Die Stadt Heidelberg verpasste Falschparkern im vergangenen Jahr buchstäblich einen Denkzettel, indem sie ein falsch geparktes Auto mit Tausenden Post-it-Zetteln beklebte. Einen Internethit landete in diesem Sommer ein Twitter-Nutzer aus Köln, der den Spieß umdrehte: Er postete ein Foto von einem verwaisten Rad, das mitten auf einer Straße steht. Auf einem Zettel ist für herannahende Autofahrer als Begründung zu lesen: „Nur kurz zum Bäcker.“

Auch Aufkleber gegen Falschparker werden unters Volk gebracht - sogenannte Parkaffen. Die bunten Bildchen kann man im Internet gleich für verschiedenes Fehlverhalten bestellen - für die versperrte Einfahrt, den unerlaubt genutzten Behindertenparkplatz, das zugeparkte Grundstück oder schlicht für „dämliches“ Parken. Seit Jahren finden Gehweg-Parker zudem immer wieder Aufkleber mit dem Aufruf „Parke nicht auf unseren Wegen“ an ihrem Wagen.

Aber sind private Aktionen wie die im Stuttgarter Süden überhaupt legal? „Es wurde kein Auto beklebt, noch irgendwie sonst beschädigt“, erklären etwa die Stuttgarter Aktivisten. „Die Aktion ist bewusst gewaltfrei.“ Bei der Polizei sieht man das ähnlich. Sachbeschädigung vielleicht? „Es kommt darauf an, was es für ein Aufwand ist, die Folie zu entfernen“, sagt ein Sprecher. In dem Fall halte sich der aber in Grenzen. Anzeigen von Betroffenen gebe es keine - vielleicht auch aus Angst, sich als Falschparker zu outen. Wird das „Auspacken“ hingegen schwieriger, greift Paragraf 303 des Strafgesetzbuchs. Demnach wird auch derjenige bestraft, der „unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.“

Vor Strafe fürchten müssen sich in Stuttgart indes auch die rücksichtslosen Autofahrer: „Die Stadt wird künftig stärker eingreifen“, kündigt ein Sprecher an. „Sie hat Kompetenzen zum Abschleppen von der Polizei übernommen.“ Bisher seien jährlich 1500 Autos abgeschleppt worden - künftig dürften es ihm zufolge 2200 sein. Die Stadt schaffe dafür neue Stellen: Derzeit sind sechs Außendienst-Mitarbeiter unterwegs, die etwa Beschwerden nachgehen und auch berechtigt sind, das Abschleppen einzuleiten. Künftig sollen 4,4 solcher Stellen hinzukommen. Der Sprecher betont: „Wer glaubt, er könne in Stuttgart falsch parken, ist schief gewickelt.“