An der Messstation am Neckartor werden regelmäßig die zulässigen Feinstaubwerte überschritten. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Stuttgart (eh) - Dem Land droht ein Zwangsvollstreckungsverfahren in Sachen Luftreinhaltung. Weil der Entwurf des neuen Maßnahmenkatalogs aus Sicht der Neckartor-Anwohner den im April 2016 mit zwei Feinstaub-Klägern geschlossenen Vergleich missachtet, kündigen sie rechtliche Konsequenzen an.

Auf Druck des Verwaltungsgerichts Stuttgart hatten sich Stadt und Land im vergangenen Jahr verpflichtet, von 2018 an im Bereich der Messstelle Neckartor an Tagen, an denen die Feinstaubwerte über dem von der EU vorgegebenen Grenzwert liegen, für 20 Prozent weniger Autoverkehr zu sorgen. Das Land hat nach eigenen Angaben aber bisher keine Vorstellung davon, wie es diese Verkehrsreduzierungen erreichen will. Pläne für die Umsetzung des Vergleichs gibt es nicht, heißt es im Verkehrsministerium.

Eben weil es an konkreten Antworten auf das Schadstoff-Problem fehlt, wollen die Anwohner eine Zwangsvollstreckung gegen die Landesregierung erwirken. Einen entsprechenden Antrag kündigte ihr Rechtsanwalt Roland Kugler im „Focus“ an. Der Hintergrund sei die angekündigte Entscheidung der Landesregierung, entgegen früheren Plänen doch keine Diesel-Fahrverbote zu verhängen. „Wir werden den 31. August abwarten, der als Stichtag im Vergleich mit dem Land festgehalten ist”, sagte Kugler dem Nachrichtenmagazin. Sollte bis dahin kein Luftreinhalteplan vorliegen, der gewährleisten könne, dass ab dem 1. Januar 2018 die Emissionen in Stuttgart deutlich gesenkt würden, werde Zwangsvollstreckung beantragt.

Kugler rechnet dem „Focus“ zufolge zunächst mit einem eher symbolischen Zwangsgeld von etwa 2000 Euro, das vom Verkehrsministerium über den allgemeinen Haushalt an das Justizministerium gezahlt werde. Danach bestehe die Möglichkeit, dass das Zwangsgeld schrittweise erhöht werde. Als zusätzlichen Schritt zieht der Anwalt der beiden Anwohner eine weitere Klage gegen die Landesregierung in Betracht.

Ausgehandelt wurde der Vergleich übrigens vor dem gleichen Richter, der derzeit über die Klage der Deutschen Umwelthilfe (DHU) gegen das Land zu befinden hat. Die Organisation fordert Fahrverbote in Stuttgart. Doch die Politik setzt derzeit auf eine freiwillige Nachrüstung schmutziger Motoren durch die Hersteller. Unklar ist allerdings, ob sie sich wirklich dazu verpflichten werden und wie effektiv eine Nachrüstung die Emissionen verringern kann. Kugler ist skeptisch: Eine Nachrüstung könne die Stickoxid-Werte reduzieren, nicht aber die Feinstaubemissionen. Diese entstehen unabhängig vom Benzin-, Diesel- oder Elektroantrieb unter anderem durch den Abrieb von Reifen und Bremsen. Das Urteil im Streit mit der DHU wird an diesem Freitag verkündet.