Auf diesem Gerüst werden die tonnenschweren Stahlsegmente millimeterweise über den Neckar in Richtung Seilerwasen geschoben. Der Rohbau soll dann bis 2019 abgeschlossen sein.. Foto: Steegmüller Quelle: Unbekannt

Der erste stählerne Baustein der insgesamt 354 Meter langen neuen Eisenbahnbrücke wurde gestern über den Neckar geschoben. Mit Hydraulikpumpen wurden 250 Tonnen Stahl in Bewegung gesetzt. Im sogenannten Taktschiebeverfahren sollen die Brückenteile nun Millimeter für Millimeter über den Neckar befördert werden. Der Rohbau soll dann bis 2019 abgeschlossen sein.

Von Erdem Gökalp

Das Grundkonzept des sogenannten Taktschiebeverfahrens hört sich an wie ein Kuchenrezept. Nur ist der Kuchen in diesem Fall eine 345 Meter lange und 25 Meter breite Brücke über den Neckar. In zwölf Teilabschnitten wird das Gesamtbauwerk taktweise zusammengebaut. Damit die Brücke in die fertige Form kann, muss sie vorher eingefettet werden. Diesen Schritt haben Bauarbeiter gestern gegen 14 Uhr an dem ersten von zwölf Brückenteilen vorgenommen. Denn bei dem Verfahren, was unweit der Anlegestelle des Neckar-Käpt‘n angewendet wird, werden die sogenannten Takte mit Hydraulikpumpen millimeterweise über den Neckar geschoben. Damit sie besser gleiten, werden die eingefetteten Stahlsegmente auf Teflon gelegt. „Es ist dasselbe Material, wie bei einer handelsüblichen Backform“, sagte Projektabschnittsleiter Christoph Lienhart.

Nach knapp 20 Jahren der Vorbereitung nimmt die Brücke damit erstmals sichtbare Züge an. Schon im Jahr 1998 wurde das Bauvorhaben bei einem Wettbewerb an das Stuttgarter Büro Schlaich Bergermann Partner vergeben. Nach langer Planung und Absprache mit der Landeshauptstadt fing der Brückenbau dann im Jahr 2015 an. „Bisher haben wir vor allem Fundamentarbeiten gemacht, um die Stützen anzubringen“, so Lienhart. Kein leichtes Vorhaben, denn in Bad Cannstatt gilt es, bei jedem gebohrten Loch auf die Heilquellen zu achten. Diese stehen unter besonderem Schutz. „Wenn wir auf eine Mineralwasserquelle gestoßen wären, hätte eine sieben Meter hohe Fontäne aus dem Boden schießen können“, sagte Lienhart. Daher waren sie mit entsprechenden Notfallmaßnahmen auf das Schlimmste vorbereitet.

Dieser erste Teil des Projekts konnte jedoch ohne Komplikationen abgeschlossen werden. Nun gilt es, die eigentliche Brücke zu bauen. Das soll nun zügiger vorangehen. „Wir brauchen für ein Brückenteil sechs Wochen“, sagte Projektleiter Sebastian Heer. Insgesamt zwölf Teile werden angebracht. Dafür wurde ein Stahlgerüst samt einer 15 Meter hohen Montagehalle errichtet. Der Rohbau der Brücke besteht aus einem Spezialstahl mit einer Dicke von bis zu 25 Zentimetern und soll bis 2019 fertig sein. Danach übernimmt die Technikabteilung der Bahn das Vorhaben. Denn es müssen zusätzlich Schienen auf der Brücke angebracht werden, damit sowohl S-Bahnen als auch Fernverkehrszüge fahren können. Für Fußgänger und Fahrradfahrer soll es ebenfalls einen Überweg geben. Dieser wird unter der eigentlichen Brücke hängen. Jedoch soll auch dieser Teil - anders als bisher mitgeteilt - mit Abschluss des gesamten Bauvorhabens freigegeben werden. Die Projektleiter sind optimistisch, dies im vorgegebenen Zeitrahmen schaffen zu können.