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Doch woher stammt das viele Geld der großen Investoren? Die Antwort: In vielen Fällen sind es Ersparnisse kleiner Leute.

StuttgartNoch nie haben professionelle Anleger in der Landeshauptstadt innerhalb eines Jahres derartige Summen in Immobilien gesteckt. Mehr als 2,2 Milliarden Euro wurden im vergangenen Jahr in Stuttgart in den Kauf von Immobilien investiert. Dabei zählen die Fachleute allein die Investitionen aus dem Lager der professionellen Geldanleger. Was auf den ersten Blick überrascht: Bis auf wenige Ausnahmen stammt das Geld nicht von internationalen Großinvestoren, sondern von sogenannten Kapitalsammlern, die das Geld von Pensionskassen oder Lebensversicherungen anlegen.

Dass die Bilanz des Jahres 2018 nichts Alltägliches ist, zeigt ein Blick auf die Investitionssummen der jüngeren Vergangenheit. In den vergangenen sechs Jahren wurden in Stuttgart meist zwischen 1,4 und 1,9 Milliarden Euro in Immobilien investiert. Selbst vor der Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 lagen die Summen nicht höher. Damit stellt das Jahr 2018 eine deutliche Steigerung dar.

Großangebote auf dem Markt

„Das liegt insbesondere daran, dass 2018 so viele großvolumige Objekte verkauft wurden wie noch nie zuvor“, erklärt Frank Leukhardt, einer der Geschäftsführer des internationalen Immobilienberaters Colliers International. Zu diesen großen Verkäufen gehören unter anderem die beiden Bürokomplexe, die die Allianz-Versicherung lange Zeit genutzt hatte – einer am Olgaeck, der andere im Stuttgarter Westen an der Karlshöhe. Zudem wurden das SI-Centrum in Möhringen und die beiden Teile der ehemaligen EnBW-Zentrale an der Kriegsbergstraße unweit des Hauptbahnhofs verkauft.

Nach Recherchen unserer Zeitung bewegen sich die Preise zwischen etwa 220 respektive 340 Millionen Euro für die Allianz-Komplexe und jeweils rund 60 beziehungsweise 90 Millionen Euro für die Hälften der ehemaligen EnBW-Zentrale. Das Musical-Zentrum in Möhringen wurde dem Vernehmen nach für rund 145 Millionen Euro verkauft.

Mindestens ebenso interessant wie die Frage nach den bezahlten Summen ist die Frage nach der Herkunft dieses Geldes. „Wir haben es in aller Regel nicht mit denen zu tun, die in der Öffentlichkeit als internationale Heuschrecken bezeichnet werden“, sagt Immobilienberater Leukhardt. Vielmehr seien die Anleger, die in Stuttgart investiert haben, meist Kapitalsammelstellen. Das bedeutet: „Die Investoren verwalten das Geld von privaten Kleinanlegern oder von Pensionskassen und Lebensversicherungen“, so Leukhardt. So handelt es sich beispielsweise beim Käufer des Allianz-Campus an der Uhlandstraße in der Stuttgarter Innenstadt um einen sogenannten offenen Fonds von Commerz Real. „In diesen Fonds kann jeder Privatmann investieren“, sagt Leukhardt. „Und das schon ab sehr geringen Summen.“ Auch einer der beiden Teile der ehemaligen Konzernzentrale der EnBW nahe des Hauptbahnhofs ist ein Beispiele für die Kapitalsammelstellen. Der vordere Teil, auf dem ein Hotel mit rund 400 Zimmern errichtet werden soll, wurde an die Zurich Versicherung verkauft. Den hinteren Teil, der nach der Sanierung des Gebäudes weiterhin als Bürokomplex genutzt werden soll, hat hingegen mutmaßlich das Land Baden-Württemberg erworben.

Der Wettbewerb der Anleger ist hart. Denn jeder hat Druck, das ihm anvertraute Geld sicher, aber trotzdem gewinnbringend zu investieren. „Regelmäßig liegen viele Gebote für dasselbe Objekt von verlässlichen Interessenten vor“, so Leukhardt. Das bedeutet, dass allein bei einem angebotenen Objekt für 100 Millionen Euro insgesamt eine Milliarde an Kapital zur Verfügung steht.

Die einzige echte Ausnahme von der Schar der eher konservativen Anleger wie Pensionskassen und Versicherungen ist der Käufer des SI-Centrums. Nach Recherchen unserer Zeitung handelt es sich dabei um ein Unternehmen namens Brookfield Property – ein internationaler Finanzinvestor mit Firmensitz auf den Bermudas. Mit Blick auf das laufende Jahr erwarten Experten im Übrigen nicht, dass der Rekordwert von 2018 erneut überboten wird. Überwiegend wird in der Finanz- und Immobilienbranche mit einem Investitionsvolumen von rund 1,5 Milliarden Euro in Stuttgart gerechnet. „Das liegt allerdings nicht an einem sinkenden Interesse der Anleger“, sagt Leukhardt, „sondern einfach daran, dass das Angebot nicht ausreicht.“