Mit einem gekonnten Griff formt der Käse-Experte aus der Mozarella-Rohmasse eine ansehnliche Kugel. Quelle: Unbekannt

Von Erdem Gökalp

Stuttgart - An der Universität Hohenheim ist Käseherstellung keine Kunst, sondern Wissenschaft. Hier gibt es eine Forschungs- und Lehrmolkerei. Der hauseigene Käseexperte ist Giovanni Migliore. Sein Wissen gibt der 64-jährige Molkerei-Techniker an Landwirte und Produktionsbetriebe weiter.

Der Mozzarella aus der Tüte vom Supermarkt ist immer eine perfekt runde Kugel. Wenn man den Käse aber selbst formen will, stellt man bald fest: Die Mozzarellamasse ist zäh und widerspenstig. Gar nicht so einfach, daraus eine ansehnliche Kugel hinzubekommen. Allerdings nicht für Migliore. Er greift beherzt in die warme Rohmasse und formt mit einem gekonnten Griff ein Käsebällchen.

Was guter Käse werden wird, entschiedet sich bereits im Vorraum der Molkerei. Denn wer in die Forschungs- und Lehrmolkerei des Instituts für Lebensmittelwissenschaft und Biotechnik hineingeht, kommt nicht an einer Hygienebelehrung von Migliore vorbei. „Es dürfen keine gefährlichen Keime in das Produkt gelangen“, sagt Migliore. Ein Großteil der Käseherstellung findet für das Auge unsichtbar in einer Mikrowelt statt. Und laut dem italienischen Käseexperten erkennt man einen guten Käsehersteller daran, dass er viel mit den Händen am Produkt arbeitet. Dieser handwerkliche Aspekt könne bei der industriellen Produktion kaum noch berücksichtigt werden.

Fett ist Geschmacksträger

Bevor die Finger zum Einsatz kommen, müssen die richtigen Zutaten gewählt werden. Denn Milch ist nicht gleich Milch. So wird je nach Käsesorte eine Milch mit anderem Fettgehalt gewählt. Auch wenn sich dieser letztendlich auf den Hüften bemerkbar macht, bleibt Fett ein Geschmacksträger. Beim Mozzarella liegt er bei 45 bis 50 Prozent. Die Milch muss für die Käseproduktion auf 37 Grad erwärmt werden. Zwei Zutaten spielen für die weitere Bearbeitung eine Rolle: die Starterkultur und das Lab. Die Milchsäurebakterien der Starterkultur sorgen für das Säurearoma des Käses und bilden den individuellen Charakter der Sorte. Das Lab, klassischerweise gewonnen aus Kalbsmagen, besteht aus den Enzymen Chymosin und Pepsin und sorgt für die Gerinnung der Milch. Nach 40 Minuten ist es soweit. Migliore nimmt einen Käsesäbel und durchschneidet damit die Masse. Anschließend wird sie in kleinere Teile gebrochen. Die Größe der Stücke bestimmt, welcher Käse hergestellt wird. „Beim Parmesan sind die Bruchstücke beispielsweise so groß wie ein Hirsekorn“, sagt Migliore. Die Stücke für Brie sind wallnussgroß.

Nach der Zerteilung trennt sich der Bruch von der Molke, die im Wesentlichen aus Wasser und Laktose besteht. Die geronnene Masse wird für den Mozzarella weiterverarbeitet. Seine charakteristische Konsistenz erhält der Käse dadurch, dass er mithilfe von heißem Wasser gezogen und geknetet wird. Wieder und wieder. Sobald die Expertenhände die richtige Konsistenz ertastet haben, können die Kugeln geformt werden.

Bearbeitungsdauer entscheidend

Typischerweise ist Mozzarella feucht, hat eine zähe Haut und einen weichen Kern. „Wenn er frisch ist, dann quietscht die zähe Masse noch beim Kauen“, sagt Migliore. Je länger die Bearbeitung dauert, um so trockener wird der Käse. So wird er zwar haltbarer, verliert dadurch aber seinen traditionellen italienischen Charme. Allerdings hat sich die trockene Variante im Kühlregal durchgesetzt.

„Der Nachteil an der Herstellung von Mozzarella ist, dass dafür viel Energie verbraucht wird“, so Migliore. Die Entwicklung ökologische Arbeitsweisen ist auch Teil der Forschung an der Universität Hohenheim. So haben die Milchexperten inzwischen ein patentiertes Mittel entwickelt, um die weißen Kugeln energiesparender zu produzieren. Dafür wird die geronnen Masse in eine Maschine geschüttet, die sie über ein langes Rohr führt, wo sie erhitzt, geknetet und gezogen zu Kugeln verarbeitet wird. Am Ende spuckt die Maschine den fertigen Mozzarella aus. So schön und rund, wie ihn nicht einmal Giovanni Migliore hinbekommen könnte.