Sandfilter im Hauptklärwerk Mühlhausen mit dem Hebewerk und Maschinengebäude in der Mitte und seitlich den Filterkammern. Auf dem Grünstreifen zur Straße soll die neue Spurenstoff-Elimination gebaut werden. Foto: SES Quelle: Unbekannt

(red) - Mit einer Versuchsanlage wird derzeit im Hauptklärwerk Mühlhausen erforscht, wie das Abwasser von bislang schlecht biologisch abbaubaren Spurenstoffen gereinigt werden kann. Erste Ergebnisse zeigen bereits, dass sich das Stuttgarter Verfahren als effektiv erweist. Mit dem Bau der neuen Großanlage soll 2018/2019 begonnen werden.

Eine Tablette da, eine Salbe hier, ein paar Tröpfchen dort: Derzeit sind in Deutschland rund 100 000 verschiedene Arzneimittel mit über 3000 Wirkstoffen auf dem Markt. Zu den am häufigsten eingesetzten Medikamenten gehören Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Diclofenac und Blutdrucksenker wie Metoprolol. Nicht gebrauchte Arzneimittel landen oft im Abfall oder gar in der Toilette. Aber nicht nur das: Bei jedem Toilettengang scheiden wir geringe Mengen der Wirkstoffe teilweise unverändert, teilweise als neu entstandene Stoffwechselprodukte wieder aus.

Das stellt kommunale Kläranlagen vor eine große Herausforderung. Denn obwohl Arzneimittelrückstände nur in winzigen Spuren im Mikro- oder Nanogramm-Bereich je Liter im Abwasser zu finden sind, können sie eine große Wirkung auf unser Ökosystem, insbesondere unsere Fließgewässer haben. So führen zum Beispiel künstliche Östrogene, wie sie in der Anti-Baby-Pille enthalten sind, bereits in geringen Konzentrationen zu einer Verweiblichung von männlichen Fischen. Erschwerend für die Abwasserreinigung kommt hinzu, dass Arzneimittelrückstände und auch andere Spurenstoffe, wie Haushaltschemikalien, Korrosionsschutzmittel oder synthetische Duftstoffe und Weichmacher, zwar gut wasserlöslich, aber meist schlecht biologisch abbaubar sind.

Deshalb wurden im Hauptklärwerk Mühlhausen 2014 eigene Messungen durchgeführt, um das Vorkommen von Spurenstoffen zu prüfen. Die Ergebnisse zeigen, dass zwar Ibuprofen fast vollständig aus dem Abwasser entfernt wird, Diclofenac aber nur zu 50 Prozent. Noch schlechter schneidet das Antiepileptikum Carbamazepin mit weniger als 5 Prozent ab.

Abhilfe könnte eine vierte Reinigungsstufe schaffen. Zu diesem Zweck hat die Stadtentwässerung Stuttgart gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum für Spurenstoffe Baden-Württemberg ein Forschungsprojekt initiiert und betreibt seit dem Jahr 2014 eine halbtechnische Versuchsanlage zur Spurenstoffelimination im Hauptklärwerk.