Quelle: Unbekannt

Pfarrer Dr. Ulrich Dreesman Lutherkirchengemeinde Bad Cannstatt

Am 31. Oktober 2017 jährt sich der Beginn der Reformation zum 500. Mal. Das ist ein Grund zur Freude. Denn die Reformation hat das westeuropäische Christentum erneuert. Es ist aber auch ein Anlass für Nachdenklichkeit. Denn die Reformation hat die Kirche des Abendlandes gespalten.

Seit Ende des 16. Jahrhundert standen sich Katholiken und Protestanten in vielen europäischen Ländern, auch in Deutschland, unversöhnlich gegenüber. Zeitweise haben sie sich bis aufs Blut bekämpft. Am furchtbarsten waren die Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges. Manch einer sieht Parallelen zu dem, was heute in Syrien und im Irak geschieht.

Das Reformationsgedenken 2017 ist das erste, das Protestanten und Katholiken gemeinsam begehen. Vor wenigen Tagen haben die leitenden Bischöfe der evangelischen und der katholischen Kirche in der Hildesheimer Michaeliskirche einen Buß- und Versöhnungsgottesdienst gefeiert.

Der katholische Erzbischof Reinhard Marx bemerkte, vieles an der evangelischen Kirche verdiene Respekt und Anerkennung, etwa die protestantische Bibelfrömmigkeit, die Rechtfertigungslehre oder die synodal-demokratische Kirchenverfassung. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Heinrich Bedford-Strohm, betonte, Protestanten schätzten an der katholischen Kirche die Liebe zur Liturgie, den sorgfältigen Umgang mit der Tradition und den Charakter als Weltkirche, die Nationen, Sprachen und Kulturen verbindet. Am Ende erklärten beide Bischöfe einander stellvertretend für ihre Kirchen: Wir danken Gott, dass es euch gibt.

Ein starker Satz, finde ich. Ich verstehe ihn so: Unterschiede sind kein Problem, sondern ein Geschenk. Die beiden Kirchen ergänzen sich. Wo die eine Schwächen hat, hat die andere Stärken und umgekehrt. Miteinander leisten sie einen Beitrag dazu, dass unsere Gesellschaft menschlich bleibt - in der Orientierung an Christus, in der Sorge für die Schwachen, durch die Erinnerung daran, dass nicht alles, was Menschen möglich ist, auch gut ist. „Wir sollen Menschen und nicht Gott sein. Das ist die Summa.“ (Martin Luther)