Astrid Hamer und Alex Naevecke aus Hamburg lassen sich belegte Brötchen schmecken, die Gästeführer Rainer Kilian serviert. Quelle: Unbekannt

Warum in die Stadt, wenn es der Osten hat? Ein Spruch, der auch bei den kulinarischen Stadttouren durch Gablenberg, Gaisburg und Ostheim voll zutrifft. Vor allem an Samstagen sind die Führungen schon Monate vorher ausgebucht.

Stuttgart-OstDer Stuttgarter Osten ist bunt: So unterschiedlich die Bewohner sind, so vielfältig ist auch die Küche. Entdecken kann man diese Vielfalt bei einer kulinarischen Stadtteiltour. Seit genau einem Jahr zeigen die Gästeführer von Eat-the-World Besuchern aus nah und fern die Besonderheiten des Stadtteils. Im Süden und im Westen sind die Tour Guides schon etwas länger unterwegs. Die Touren sind – vor allem an den beliebten Samstagen – oft Monate vorher ausgebucht. Kultur und Kulinarik: diese Mischung kommt offensichtlich gut an. Besucht werden nicht die Ketten großer Konzerne, sondern ausschließlich kleine inhabergeführte Cafés, Restaurants und Manufakturen.

Die Gruppe, die sich am Pfingstwochenende mit Rainer Kilian auf den Weg durch Ostheim, Gablenberg und Gaisburg gemacht hat, ist bunt gemischt: ein jüngeres Paar mit Baby im Kinderwagen, ein paar Senioren aus der Stuttgarter Gegend, ein Paar aus Hamburg, das hier zu Besuch bei Freunden ist. Als „Appetizer“ sozusagen gibt es am Ostendplatz erst einmal eine halbe Butterbrezel vom einheimischen Bäcker. „Die Ärmchen müssen dünn und kross, der Bauch dick und weich sein“, erklärt Rainer Kilian die Besonderheiten des schwäbischen Laugengebäcks. Durch die Kolonie Ostheim mit ihren Arbeiterhäuschen geht es zum Eckcafé an der Landhausstraße, das von einem Künstlerpaar geführt wird. Danial und Arina haben persische Wurzeln und sich trotzdem auf das Backen von belgischen Waffeln spezialisiert. Den Gästen der Tour servieren sie eine Spezialität aus Sizilien: Die Granita ist ein Sorbet aus Limette, Zitrone und Eis.

Kultur und Kult nah beieinander

Die Stationen der Tour sind nicht immer gleich, so dass es für die Teilnehmer eine Überraschung bleibt: Auf der Route durch Ostheim liegen beispielsweise ein Theater-Café und ein kleiner Kaffeeröster. In Gablenberg werden manchmal eine Konditorei mit ungarischen Besitzern und ein Balkan-Imbiss besucht. Heute geht es für die Gäste der Tour weiter zum Bessarabienplatz, wo es beim Metzger belegte Brötchen gibt. Eine besondere Station ist das Kulturwerk im Kübler-Areal: Menschen mit Suchterfahrung oder anderen Einschränkungen wird hier eine zweite Chance gegeben. Sie arbeiten in der Küche, im Service oder in der Technik des Kulturbetriebs und können sogar eine Ausbildung absolvieren. Als Beispiel für den Mittagstisch gibt es ein butterzartes Stück Filet mit Spargel und Gnocchi zu probieren.

Kultcharakter hat die nächste Station: Im Maultaschenhäusle bereitet Elke Klein nach dem Rezept ihrer Großmutter Maultaschen und Kartoffelsalat zu. Auf dem Weg nach Gaisburg erzählt Rainer Kilian natürlich noch die Geschichte vom Gaisburger Marsch. Einer der vielen Legenden nach wurde er in der Bäckerschmiede erfunden. Genau in diesem Haus hat heute Tanja Leis ihre Versuchsküche. Im privaten Wohnzimmer der Familie erfahren die Gäste mehr über die Herstellung ihrer Käsemarmelade, die - wie der Name schon sagt - als Begleiter zum Käse gegessen werden. „Im Stuttgarter Osten gibt es noch viel zu entdecken“, ist sich Gästeführer Rainer Kilian sicher.